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Das PortraitDer Kontrolleur

■ Karel van Miert

Eigentlich ist Karel van Miert ein Freund der Deutschen. Viel Verständnis hat er bisher für die Probleme der neuen Länder aufgebracht, hat zig Milliarden an Subventionen genehmigt, die seit 1990 von West- nach Ostdeutschland flossen. Außerdem verbindet den 54jährigen Belgier auch privat einiges mit der Bundesrepublik: Seine Frau ist Berlinerin.

Als im Frühjahr bekannt wurde, wie im Vulkan-Werftenverbund 850 Millionen Mark an Beihilfegeldern im Westen versickert sind, da war Karel van Miert „echt geschockt“, daß so etwas gerade in Deutschland passiert. Inzwischen kam es noch dicker: Erstmals in der Geschichte der europäischen Integration wurde ein von der EU-Kommission ausgesprochenes Subventionsverbot offen mißachtet. Wieder sitzen die Übeltäter in Deutschland, diesmal in der sächsischen Landesregierung. Das ist selbst für ihn neu, obwohl er doch schon 1966 sein Diplomatie-Diplom an der Universität Gent über die Europäische Kommission schrieb.

Van Miert wird jetzt schon deshalb hart bleiben, weil gerade die Deutschen der EU- Kommission sonst immer vorwerfen, vor politischem Druck zurückzuweichen, oder ein unabhängiges EU- Kartellamt fordern.

Seit 1986 ist das älteste von neun Geschwistern Mitglied der EU-Kommission. Zuerst war er zuständig für Verkehrsfragen, Investitionen und Verbraucherpolitik. Seit 1993 kontrolliert er als Kommissar für Wettbewerb öffentliche Beihilfen, große Unternehmensfusionen und europäische Kartellabsprachen. Seit Beginn der Integration ist er der erste Sozialist auf diesem Posten. Viele glaubten, jetzt würden Subventionen milder beurteilt und allein nach ihren Arbeitsplatzeffekten beurteilt. Doch van Miert hat das Prinzip der Ordnungspolitik begriffen: „Wenn das Beispiel Sachsen Schule macht, bricht ein Subventionskrieg aus, der am Ende niemand nützt.“

Im vergangenen Jahr allerdings kam van Miert selbst in den Ruch krummer Geschäfte. Der langjährige Parteichef der flämischen Sozialisten und Vizepräsident der Sozialistischen Internationale soll von Schmiergeldzahlungen an belgische Politiker gewußt haben. Während der Ex-Wirtschaftsminister Willy Claes von seinem Posten als Nato-Generalsekretär zurücktreten mußte, kam van Miert ungeschoren davon. Christian Rath

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