Das Portrait: Pop-Ikone des Sparkassentums
■ Manfred Krug
Manfred Krug ist das erfolgreichste Medienphänomen Gesamtdeutschlands: Umstandslos verbindet er die Sesamstraße mit der Ästhetik eines DEFA-Films und die Telekom mit Schultheiss- Bier. Ein Mann, so tief und ehrlich menschlich, daß man ihm keine Marke übelnimmt. Wo er ist, ist Herz mit Schnauze, ist proletarischer Charme und Widerborstigkeit, ist, kurz gesagt: Berlin.
Dabei stammt Krug, der heute vor 60 Jahren geboren wurde, aus Duisburg und folgte seinem Vater im Alter von zwölf Jahren zunächst nach Leipzig. Elfmal wechselte er die Schule und lernte Stahlschmelzer, bevor er am Berliner Ensemble bei Bertolt Brecht erstmals Scheinwerferlicht erblickte. Zum „DDR-Star mit Weltniveau“ (Propaganda) wurde Krug aber erst bei der DEFA. In der autobiographisch angelegten Rolle des Martin Hoff, eines Stahlschmelzers mit schauspielerischen Ambitionen, gelang ihm in „Auf der Sonnenseite“ 1962 der Durchbruch. Seither identifiziert man ihn mit jeder seiner Figuren und jede dieser Figuren mit ihm. Eine Authentizitätsschleife, in der der Brummifahrer Frank Meerdonk zum Anwalt Liebling mutiert und umgekehrt.
Einst überzeugter Sozialist (wenn auch ohne Parteibuch), blickt Krug durchaus kritisch auf seine DEFA-Zeit zurück: „Das ist 95 Prozent unbrauchbare Sülze“, sagt er und fragt sich: „Junge, warum hast du gedacht, das wäre was, dieser Sozialismus?“ Daß mit dem System etwas nicht stimmt, erfuhr Krug bereits 1966, als der Film „Spur der Steine“ eine Woche nach der Premiere verboten wurde. Zur Ausreise entschied er sich aber erst 1976, nachdem er gegen die Ausbürgerung von Wolf Biermann protestiert hatte und daraufhin nicht mehr engagiert wurde. Krug ging in den Westen, mit Ehefrau Ottilie und den drei Kindern.
Akzeptanzprobleme gibt es keine: Auch hier geriet Manfred Krug als Identifikationsfigur im Handumdrehen zum Kulturgut und gab dem Fernsehen, was das Fernsehen braucht: harte Schale, weicher Kern, einer wie wir und vom Leben gebeutelt, aber aufmüpfig aus Überzeugung. Bloß das mit der Karriere als Chanson-, Jazz- und Kinostar hat nicht mehr geklappt. Für die überlebensgroße Präsenz auf Plakatwänden ist dennoch gesorgt: In U-Bahnen ist Manfred Krug ein Held – ein Robin Hood der Telekom, eine Pop-Ikone des Sparkassentums. Ania Mauruschat
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