Das Portrait: Im dritten Anlauf endlich zum Erfolg
■ Cuauhtémoc Cárdenas
Der Anblick des Mannes, den die MexikanerInnen sonst eher mit sauertöpfischer Leidensmiene kennen, ist dieser Tage ungewöhnlich – Cuauhtémoc Cárdenas strahlt von den Wahlplakaten herunter, was das Zeug hält.
Der 63jährige Spitzenkandidat der oppositionellen Partei der Demokratischen Revolution (PRD) mit dem staubtrockenen Charisma, der wie kein anderer den Aufstieg und Niedergang der mexikanischen „Demokratur“ in Gestalt der ewigen Staatspartei PRI verkörpert, hat allen Grund, gut gelaunt zu sein. Wenn die Umfragen nicht völlig danebenliegen, wird er am Sonntag der erste freigewählte Bürgermeister von Mexiko City und gilt damit, nun schon zum drittenmal in seiner Karriere, auch als Kandidat für das Präsidentenamt.
Ehe er der PRI den Rücken kehrte, war Cárdenas im wörtlichen Sinne Teil der „revolutionären Familie“ Mexikos. Sein Vater war Expräsident Lazaro Cárdenas, der in den dreißiger Jahren eine Art mexikanischen Sozialismus durchzusetzen versuchte. Nach dessen Tod 1970 begab sich der inzwischen zum Bauingenieur ausgebildete Cárdenas in die Welt der Politik: erst als PRI- Gouverneur in seiner Heimatprovinz Michoacan, dann als Initiator einer parteiinternen Erneuerungsbewegung, die den neoliberalen Kurswechsel der Partei kritisierte, und schließlich als prominenster Aussteiger der PRI.
Als solcher trat er im Juli 1988 zum erstenmal als Präsidentschaftskandidat der linken Opposition an. Nach Ansicht der meisten MexikanerInnen wäre Cárdenas der rechtmäßige Sieger dieser Wahlen gewesen, wenn nicht eine ominöse „Computerpanne“ seinem Gegenspieler von der PRI, Carlos Salinas, zu Hilfe gekommen wäre.
Nachdem Cárdenas bei den weit weniger umstrittenen Präsidentschaftswahlen von 1994 erneut gegen die PRI verloren hatte, galt der Lieblingsfeind des Salinas- Regime im Lande als „politische Leiche“. Als die Parteibasis ihn zum Kandidaten für das Bürgermeisteramt wählte, waren daher viele skeptisch. Doch binnen weniger Monate schaffte der als ebenso stur wie integer geltende Politiker ein rasantes Comeback in der öffentlichen Meinung.
Cárdenas selbst legt Wert auf die Feststellung, daß er sich selbst treu geblieben ist. „Nicht ich habe mich geändert, sondern der Kontext“, betont er. Anne Huffschmid
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