Das Portrait: Teherans erste Quotenfrau
■ Massumeh Ebtekar
Nicht nur in Bonn wird Quotenfrauen gerne das Umweltressort anvertraut. In der Islamischen Republik Iran wird erstmals eine Frau für die Ökologie zuständig sein: Massumeh Ebtekar.
Mit Umweltfragen werde sich die 36jährige wohl zum erstenmal nach Antritt ihres neuen Jobs befassen, meinen Beobachter in Teheran. Aber: „Wichtiger als ihre Funktion ist, daß sie eine Frau ist.“ Vor allem Iranerinnen hatten bei den Präsidentschaftswahlen Mohammad Chatami zum Sieg verholfen. Er hatte versprochen, Frauen in seinen Stab aufzunehmen. Resultat ist die Ernennung von Massumeh Ebtekar.
Vizepräsidentin wird die verheiratete Mutter von zwei Kindern genannt. Treffender ist Präsidentenberaterin, denn Ebtekars Rang ist niedriger als der eines Ministers. Chatami muß deshalb ihre Ernennung nicht vom konservativ dominierten Parlament absegnen lassen.
Im Iran ist Ebtekar, die in den USA als Chemikerin promovierte, nur einem kleinen Kreis wohl vertraut: den islamischen Reformerinnen um Faiseh Haschemi, der Tochter des bisherigen Präsidenten Rafsandschani. Ebtekar ist Chefredakteurin der Frauenzeitschrift Farsaneh. In dem Blatt betonen Autorinnen den Unterschied zwischen Islam und die iranische Gesellschaft prägenden patriarchalischen Traditionen und fordern die Reform von Gesetzen, die auf diesen Tradtitionen aufbauen. „Laut Koran und Jurisprudenz sind für Frauen in den Bereichen Erziehung und Arbeit keine Restriktionen vorgesehen. Die ökonomischen und sozialen Rechte werden ausdrücklich erwähnt“, heißt es in einem 1994 von Ebtekar und einer Ko-Autorin verfaßten Artikel. Um ihre an der Realität der iranischen Gesellschaft kratzende These zu stützen, verweisen die Autorinnen gleich auf fünf Koransuren.
In den letzten Jahren reiste Ektebar häufig im Auftrag des Staates in der Welt herum, zuletzt als Leiterin der iranischen Delegation bei der Weltfrauenkonferenz in Peking. Daß sie bei allem Engagement für die Rechte der iranischen Frauen nichts mit einer Feministin nach westlichem Verständnis gemein hat, bewies sie 1995 bei einer UN-Konferenz über soziale Entwicklung. Iranische Medien zitierten sie damals: Sie habe sich für die „Verteidigung religiöser und ethischer Werte“ stark gemacht – gemeinsam mit dem Vatikan. Thomas Dreger
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