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Das PortraitUngeliebter "Herzbischof"

■ Wolfgang Haas

Niemand mag ihn, viele bekämpfen ihn, und manche können ihn gut gebrauchen. Zu letzteren gehört Papst Johannes Paul II., und deshalb ist der 49jährige Wolfgang Haas seit Sonntag Erzbischof der Diözese Vaduz in Liechtenstein.

Das Gebiet des 30.000- EinwohnerInnen-Staates, von denen 23.000 zum katholischen Glauben gehören, wurde aus dem Bistum Chur herausgelöst, zu dem es seit 1.600 Jahren gehörte – ohne daß der Vatikan das mit der Liechtensteiner Kirche oder der Regierung abgesprochen hätte. Letztere ist darüber so wütend, daß sie der Ernennungsmesse am Sonntag fernblieb.

Einen „himmeltraurigen Einstand“ habe der neue Erzbischof gehabt, kommentierte Regierungschef Mario Frick den Amtsantritt. Haas, gebürtiger Liechtensteiner und persönlicher Freund der Fürstenfamilie, beschwor in seiner ersten Ansprache den Willen des Herrn. Auch er beginne erst zu verstehen, „was diese päpstliche Entscheidung für uns bedeuten kann. Ihr wißt alle, daß ich sie selber nie gesucht und nie selbst gewollt habe, denn ich war gerne euer Bischof in der Diözese Chur, und ich wäre es noch so gerne geblieben.“

Tatsächlich ist Wolfgang Haas in Chur darüber gestolpert, daß er dem Papst nicht gehorcht hat – wohl zum erstenmal in seinem kirchlichen Karriereleben. 1988 war der ultrakonservative Günstling Roms in einer eigenmächtigen Entscheidung Johannes Pauls II. zum Bischof von Chur geweiht worden. Daß er reihenweise Gefolgsleute auf Posten hievte, spaltete das Kirchenvolk genauso wie seine reaktionäre Politik – etwa gegen eine Stärkung der Stellung von Frauen in der Kirche. Immer wieder wurde gegen Haas protestiert. Um den Konflikt zu entschärfen, stellte der Papst ihm schließlich zwei gemäßigte Weihbischöfe an die Seite – woraufhin Haas statt dessen drei seiner Gefolgsleute in die Leitung des Bistums berief. Das mochte nun auch der Papst nicht mehr hinnehmen – und schob Haas nach Vaduz ab.

Nun haben die Liechtensteiner das Problem am Hals. Unter dem kämpferischen Motto „Wir sind betroffen“ protestierten am Wochenende mehr als 1.200 Katholiken gegen Haas' Ernennung, 8.500 hatten eine Petition gegen Haas unterzeichnet. Der versprach, sich Mühe zu geben, und predigte: „Ich möchte für euch ein ,Herzbischof‘ sein.“ Bernd Pickert

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