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Das PortraitBruchlandung nach steiler Karriere

■ Reiner Pilz

Er lebte den amerikanischen Traum in Schwarzrotgold: Vom Flüchting zum Unternehmer zum Held des Aufbaus Ost. Der Traum ist seit gestern aus. Das Landgericht Landshut verurteilte Reiner Pilz, 56, wegen Betrugs zu sechs Jahren Haft und setzt damit einer ostdeutschen Aufstiegslegende ein unrühmliches Ende.

Keinen Pfennig hatte Reiner Pilz in der Tasche, als er 1961 aus der DDR in den Westen flüchtete. Der gebürtige Zwickauer verdingte sich als Elektriker sowie Fassadenbauer und brachte es rasch zum Bauunternehmer. 1987, längst Millionär, stieg er in die Produktion von CDs ein. Ende 1989 gab Pilz bekannt, er werde eine Fabrik zur Herstellung von CDs im thüringischen Albrechts bei Suhl errichten.

Fast 300 Millionen Mark sollte das CD-Werk kosten und das größte in Europa werden. Als Partner hatte sich Pilz ausgerechnet das als rückständig geltende Dresdner Robotron-Kombinat gewählt. Pilz' Zusammenarbeit mit den volkseigenen Informatikern ging als erstes deutsch-deutsches Joint-venture in die Geschichte ein. Mitte 1991 erklärte das Wirtschaftsmagazin Forbes den einstigen Republikflüchtling zum reichsten Mann Ostdeutschlands.

Doch schon bei der Einweihung des Riesenwerkes im Frühjahr 1993 war Reiner Pilz so gut wie pleite. Den Partner Robotron hatte die Treuhand liquidiert, die Nachfrage nach CD-ROMs für Computer ließ auf sich warten. Schließlich mußte das Land Thüringen das CD- Werk übernehmen.

Auch der Rest seines Firmenimperiums entglitt Reiner Pilz. Die Bayerische Vereinsbank entmachtete ihn, am Ende durfte der Konzernchef keinen Scheck mehr ausstellen, ohne daß ein Mitarbeiter der Bank gegenzeichnete. Fortan mimte Pilz die verfolgte Unschuld und unterstellte den Banken eine „Vernichtungskampagne gegen meinen Konzern“.

Das gestrige Urteil hingegen sieht die Verantwortung beim „Alleintäter“ Pilz. Mit „ruinösem Gewinnstreben“ habe er seinen Konzern in die Pleite getrieben und dabei Banken und Treuhand belogen. Gelder, die zur Rettung von Robotron-Arbeitsplätzen bestimmt waren, habe er in sein Bauunternehmen in Bayern gesteckt. Schließlich soll er mit Betriebskapital sogar ein Privatschloß saniert haben. Reiner Pilz bezeichnete das Urteil als „ungerecht“ und kündigte Revision an. Robin Alexander

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