Das Portrait: Menschenfresser und Wildkatze
■ Zeljko Raznatovic
Wenn heute der Belgrader Verein FC Obilic in München gegen den FC Bayern antritt, macht sich zumindest einer keine Sorgen über den Sieg der jugoslawischen Kicker: Zeljko Raznatovic. Die Spieler des FC Bayern würden zermalmt, und „wir essen sie zum Frühstück“, sagte Raznatovic, der zwar offiziell in Juni den Vereinsvorsitz an seine Frau, die Folkloresängerin Svetlana Ceka-Raznatovic, abtrat, im Hintergrund aber weiter die Fäden zieht.
Doch nicht nur mit der Erfolgsstory des FC Obilic, der es unter seiner Führung in zwei Jahren bis ins Pokalfinale schaffte, ist der Name von Raznatovic untrennbar verbunden. So soll Raznatovic alias „Arkan“ (Tiger), der 1952 als Sohn serbischer Eltern im slowenischen Brezice geboren wurde, mit seiner gefürchteten paramilitärischen Einheit, den „Tigern“, während des Krieges in Bosnien- Herzegowina an zahlreichen Massentötungen, Vergewaltigungen, Mißhandlungen, Folterungen und Deportationen beteiligt gewesen sein. Dennoch wurde gegen ihn vor dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag bislang keine formelle Anklage erhoben.
Seine kriminelle Energie stellte Arkan bereits Mitte der 70er Jahre unter Beweis. So wurde der ehemalige Mitarbeiter des jugoslawischen Geheimdienstes 1975 in Brüssel und 1980 in Amsterdam wegen bewaffneter Überfälle verurteilt. „Er hat Banken wie kleine Supermärkte ausgeraubt, Menschen getötet und floh aus den sichersten Gefängnissen“, sagte Goran Vukovic, einer seiner ehemaligen Mitstreiter, der später in Belgrad erschossen wurde. Auch jetzt noch steht Arkan bei Interpol auf der Fahndungsliste.
Heute ist Arkan einer der reichsten Männer Serbiens. Da der gelernte Bäcker mit seiner eigenen Konditorei wohl kaum solche Unsummen erwirtschaften kann, werden vielmehr Schmuggelgeschäfte und die systematische Ausraubung von Muslimen und Kroaten als Quelle des Reichtums vermutet. Doch Arkan hat nicht nur viel Geld. Aus vier Ehen hat er sieben Söhne, das achte Kind mit Frau Ceca, die er 1995 in einer live übertragenen Zeremonie heiratete, ist unterwegs. Doch nicht nur die Hochzeit scheint seine Landsleute beeindruckt zu haben. Bei einer Umfrage unter jungen Belgradern gaben 50 Prozent als Berufsziel „Krimineller“ an. Wenn auch unausgesprochen, schwang dabei doch ein Name mit: Arkan. Barbara Oertel
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