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Das PortraitEine Legende der Quizmasterei ist tot

■ Heinz Maegerlein

Heinz Maegerlein: Sachwalter des Wissens Foto: dpa

Er gehört zu den wichtigsten Gesichtern des jungen deutschen Fernsehens, fast war er so prominent wie Hans-Joachim Kulenkampff oder Vico Torriani: Heinz Maegerlein, Sportreporter, aber auch Leiter der Quizsendung „Hätten Sie's gewußt?“.

Damals, in den sechziger Jahren, kam die Beantwortung der Fragen, die Maegerlein mit gänzlich unheiterer Knappheit vortrug, fast einer Reifeprüfung gleich. Das Fernsehen berief sich noch auf seinen Bildungsauftrag, und Maegerlein, ein kleiner Mann, der seine Glatze nur mühsam mit längeren Seitensträhnen zu überkämmen vermochte, war genau der richtige Mann, dem Publikum die weite Welt der Bildung nahezubringen. Auch als Sportreporter war ihm hippes Pathos fremd, fast nie ließ er sich Freude oder Frust anmerken. Trotzdem war ihm ein innere Verzweiflung anzuhören, wenn er vom Eislaufen berichtete, vor allem, wenn Marika Kilius und Hans-Jürgen Bäumler – die bundesdeutschen Paarläufer der Nachkriegszeit – Figuren ins Eis kratzten und sich gegen die sowjetischen Sportler Ludmilla Beloussowa/Oleg Protopopow zu behaupten suchten.

Maegerlein, am 27. Dezember 1911 in Leipzig geboren, war 1936 Stadionsprecher der Olympischen Spiele in Berlin; im Jahr darauf begann er beim „Reichssender Berlin“. Der Mann, der alles ernst zu nehmen schien und sich höchstens ein mokantes Keckern als Lacher durchgehen ließ, fand nach der Nazizeit Unterschlupf beim Bayerischen Rundfunk. Von dort aus berichtete er von allen wichtigen Sportereignissen. Berühmt ist ein Ausspruch von einer Skisprungveranstaltung: „Sie standen an den Hängen und Pisten.“

Über diese Sottise wurde gelacht, was Maegerlein nun wieder minder komisch fand. Mehr freute ihn das Lob, daß er ein Sportereignis zelebriere, wie ein Kritiker meinte. Die Zuschauer der fünfziger und sechziger Jahre mochten ihn; die Generation nach 68 hatte meist nur milde Ignoranz für ihn übrig. Sie hatten ein freiheitlicheres Verständnis von Bewegung. Maegerlein dagegen schien daran gelegen zu sein, die „Schönheit der Bewegungen“ zu präsentieren – ganz Kind der zwanziger Jahre, als Körperlichkeit ohne Zucht und Ordnung in Deutschland noch unter Generalverdacht stand.

Der Sachwalter des Wissens, der Moderator des Sports starb am Sonntag in München im Alter von 86 Jahren. Jan Feddersen

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