Das Portrait: Für ihn war Theater ein Menschenrecht
■ August Everding
August Everding war der große Redner des deutschen Theaters. Ein Franz Beckenbauer der Staatsbühnen, nur ohne jemals Star gewesen zu sein wie dieser. Über das unverwechselbare Wesen des Theaters, dessen Einzigartigkeit als Augenblickskunst und Unverzichtbarkeit in der bürgerlich-humanistischen Gesellschaft konnte er sich öffentlich immer wieder neu euphorisieren.
Der langjährige Staatstheaterintendant Everding war zuletzt noch Präsident des Deutschen Bühnenvereins sowie der Bayrischen Theaterakademie. Seine streitbare Parteinahme für die Kunst in der Öffentlichkeit war enorm und so bewundernswert wie zuweilen auch enervierend. Denn so wichtig es war, Theaterarbeit gegenüber sparwütigen Politikern als Menschenrecht zu verteidigen, so erfrischend wäre es in anderen Runden oft gewesen, offen über zeitgemäße Ästhetik zu reflektieren.
August Everding, der in der Nacht auf Mittwoch in München an den Folgen von Krebs starb, wurde 1928 in Bottrop geboren. In Bonn und München studierte er unter anderem Theologie und Theaterwissenschaft und begann danach bei Regisseuren wie Hans Schweikart und Fritz Kortner als Assistent. Eine konsequente Amtskarriere in den Münchner Kammerspielen schloß sich an, die Everding 1963 zum jüngsten Intendanten Deutschlands werden ließ.
Den Sohn eines Propsteiorganisten, der als Jugendlicher selbst Klavier, Orgel und Flöte gelernt hatte, zog es indes auch bald zur Oper. 1973 trat er die Nachfolge von Rolf Liebermann an der Hamburgischen Staatsoper an. Vier Jahre später kehrte er als Chef der Bayerischen Staatsoper nach München zurück und übernahm von 1982 bis 1993 die Generalintendanz der Bayrischen Staatstheater.
Während seine eigenen Inszenierungen nie zur Avantgarde zählten, war Everding als Funktionär innovativ, effizient und öffentlichkeitswirksam. Er führte in der Münchner Musikhochschule eine Regieklasse ein und sammelte Millionen von Mark für die Wiedereröffnung des Prinzregententheaters.
Vor knapp zwei Jahren war er auch zum künstlerischen Gesamtleiter für den Deutschen Pavillon auf der Expo 2000 berufen worden. Als Planer und Ermöglicher war August Everding in seinem Element. Petra Kohse
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