Das Portrait: Kämpferin für Bürgerrechte
■ Vera Stremkowskaja
Wer heute in Weißrussland seine Stimme für die Verteidigung von Menschenrechten erhebt, spielt mit seinem Leben. Das gilt nicht nur für Oppositionelle und Kritiker des autoritären Staatspräsidenten Alexander Lukaschenko, die misshandelt, mit Geldstrafen belegt, in Knästen oder „einfach so“ verschwinden, sondern auch für deren Verteidiger vor Gericht. Doch bislang hat sich die Rechtsanwältin Vera Stremkowskaja davon nicht beeindrucken lassen. Seit Jahren steht sie Oppositionellen in Prozessen zur Seite, wobei sie sich nicht scheut, deren politischen Charakter und die ständige Verletzung juristischer Verfahrensgrundsätze öffentlich anzuprangern. Für ihr Engagement wird der Juristin jetzt auch im Ausland Anerkennung zuteil: Heute erhält sie in Karlsruhe den Menschenrechtspreis des Deutschen Richterbundes.
Vera Stremkowskaja wurde 1958 im russischen Engels geboren. Nach ihrem Jura-Studium in Minsk arbeitete sie von 1980 bis 1988 als Rechtsberaterin im weißrussischen Justizministerium. 1989 erregte die Anwältin großes Aufsehen, als sie sich in einem Artikel vehement gegen die Todesstrafe aussprach.
Fünf Jahre später erneuerte sie in einem Interview ihr Plädoyer. „Es ist unerlässlich zu verstehen, dass zwischen Vergeltung und Strafe ein Unterschied besteht. Andernfalls wird die Rechtspflege zu einem Mittel der Rache“, sagte Stremkowskaja. Und: Ihre Hauptaufgabe bestünde darin, die Rechte ihrer Mandanten zu verteidigen – „Rechte, die nur allzuoft verletzt werden.“ Das gilt besonders für Weißrussland unter der Herrschaft Alexander Lukaschenkos.
Aus Protest gegen die menschenverachtenden Praktiken des Regimes beendete Stremkowskaja 1996 ihre Tätigkeit als Rechtsberaterin in der Präsidialverwaltung. Im gleichen Jahr wurde sie Vorsitzende des nichtstaatlichen Menschenrechtszentrums in Minsk.
Ein Vortrag von Stremkowskaja auf einer von der „International League of Human Rights“ organisierten Veranstaltung in New York über die Menschenrechtssituation in Weißrussland hatte 1998 eine Verleumdungskampagne der Behörden zur Folge. Mehrfach wurde der Anwältin der Aussschluss aus dem Minsker Anwaltskollegium angedroht, was einem Berufsverbot gleichkommt. Doch Stremkowskajas risikoreicher Kampf gegen die Willkür des Regimes geht weiter. Barbara Oertel
Hinweis:Trägerin des diesjährigen Menschenrechtspreises des Deutschen Richterbundes: Vera Stremkowskaja Foto: privat
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