Das Portrait: Sexy Rexy lebensmüde?
■ Rex Gildo
Rex Gildo, in den Sechzigerjahren beliebter deutscher Popstar Foto: AP
Er wollte immer unter angeschalteten Scheinwerfern stehen. Das Publikum sollte applaudieren, ihn ins Herz schließen und später sich seiner angenehm erinnern. Das hat er noch 1995 gesagt, als er in den bunten Blättern negative Schlagzeilen machte. Man warf ihm vor, entweder gar nicht oder betrunken zu Auftritten erschienen zu sein, sich torkelnd auf der Bühne zu bewegen und gelegentlich sogar hinzufallen. Doch Ludwig Alexander Hirtreiter, den alle deutsche Welt nur unter dem Namen Rex Gildo kennt, erholte sich: Glaubhaft konnte er machen, dass seine Ischiasbeschwerden und die folgende Kortisonkur ihn hin und wieder wie alkoholisiert haben erscheinen lassen.
Hatte dieser Mann solch bösartige Nachstellungen überhaupt verdient? Es gibt nur wenige deutschsprachige Sänger, deren Repertoire sich ins alltagskulturelle Gedächtnis gebrannt hat. Ein paar Stichworte mögen genügen: „Dondolo“, „Speedy Gonzales“ oder „Fiesta Mexikana“, das im Bewusstsein nur „Hossa“ heißt.
Sein unumschränkter Ruf als Frauenheld hat immer ein wenig gelitten unter dem Murmeln in allen Klatschspalten, er sei, Gott sei bei uns, homosexuell. Das glaubte Rex Gildo dementieren zu können, indem er seine Kusine ehelichte. So blieb er ein Mann für alle Frauengenerationen: smart, sauber und freundlich, stets mit einer Note von Verruchtheit kenntlich, deren Frivolität nie ins Derbe reichte. Im Sommer ist er 60 Jahre alt geworden. Und noch immer beteuerte er, keine Hilfsmittel zu verwenden, um sein Äußeres auf dem Stand eines Mittdreißigers zu halten.
Samstagabend soll er nun aus dem Toilettenfenster in der Wohnung eines, so melden die Agenturen, „Bekannten“ gesprungen sein, kurz nachdem er noch der Polizei zurief, ihm ginge es gut. Eine dramatische Lüge. War es ein Suizidversuch? Die Polizei nennt keine Einzelheiten. Er habe offenbar psychische Probleme gehabt. Hat er nicht verkraftet, dass die Engagements spärlicher werden? Mag er sich nicht damit anfreunden, älter zu werden, genauso alt zu sein wie seine Fans?
Er möge überleben. Es wird Zeit, dass man ihm bei der „Echo“-Preisverleihung kommendes Jahr auszeichnet – als einen Künstler, der sich um die deutsche Popmusik verdient gemacht hat. Hollywood hält auch derlei Gratifikationen bereit für Stars, die es sonst nicht mehr ins Rampenlicht schaffen. So viel Anstand dürfen sich auch Plattenfirmen gönnen. Rex Gildo wäre der glücklichste Mensch, so sagte er vor vier Jahren, wenn man ihn nur einmal ehren würde. Jan Feddersen
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