■ Das Portrait: Diplomat mit eigenem Kopf
Nun wird es doch ein Schwede: Der Chef von Unmovic, der neuen UN-Abrüstungsmission im Irak, ist aber nicht Rolf Ekeus, der Wunschkandidat der USA und einst Chef der Vorgängermission Unscom, sondern Hans Blix. Der 71-jährige war vor einem Jahr nach 18-jähriger Dienstzeit als Chef eines anderen UN-Organs in den Ruhestand getreten: der internationalen Atomenergieorganisation IAEO. Als solcher im Irak weder unbekannt noch negativ vorbelastet, könnte er für ein entspannteres Verhältnis zwischen Saddam Hussein und der UNO gut sein.
Wenn Blix sich eines nicht hat nehmen lassen, dann eigenständiges Denken. So zog er sich vor einem Jahr den Zorn Washingtons zu, als er US-Behauptungen, Nordkorea sei dabei, die Voraussetzungen für einen atomaren Angriff auf die USA zu schaffen, als, „puren Unsinn“ zurückwies. Wenn, so Blix, etwas im pazifischen Raum beunruhige, dann die Pentagon-Pläne für ein Raketensystem, „für das es absolut keinen Bedarf gibt, es sei denn, man zielt auf China“.
Der 1928 in Uppsala geborene Blix studierte Völkerrecht. Von 1961 bis 1981 war er Mitglied der schwedischen Delegation bei der UN-Generalversammlung und von 1962 bis 1978 Delegierter bei der Abrüstungskonferenz in Genf. 1978 und 1979 vertrat das Mitglied der liberalen Volkspartei zudem Schweden als Außenminister.
Seit 1980 bestimmten atomare Fragen Blix’ weitere Laufbahn. Bei der Volksabstimmung über die Atomkraft in Schweden 1980 war er „Kampagnenchef“ der siegreichen Alternative, die einen Ausstieg bis zum Jahr 2010 propagierte. Als IAEO-Chef gab er jedoch seine Skepsis gegenüber der Atomenergie auf. Atomkraft sei das einzige Mittel gegen den Treibhauseffekt, lautete nun seine Botschaft.
Seinen völkerrechtlichen Prinzipien blieb er allerdings immer treu. Er verurteilte 1979 gleichermaßen Vietnams Intervention in Kambodscha wie die Invasion der UdSSR in Afghanistan. Er kritisierte die Art und Weise, mit der der Westen die Rambouillet-Verhandlungen mit Jugoslawiens Staatschef Milošević führte und den Krieg der Nato im Kosovo. Nicht akzeptabel war und ist für ihn außerdem der „einseitige Beschluss“ der USA und Großbritanniens, den Süden Iraks zu bombardieren. Als „US-Lakaien“ dürfte man ihn in Bagdad also schwerlich abtun können.
Reinhard Wolff
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen