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Das Märchen vom nachhaltigen PalmölLadenhüter Faires Öl

Zertifiziertes Palmöl findet zu wenig Abnehmer. Die Kritiker sagen: Das Siegel ist nicht brauchbar. Man sollte am besten völlig auf Palmöl verzichten.

Palm-Früchte. Bild: One Village Initiative - Lizenz: CC-BY-SA

BERLIN taz | Nachhaltig produziertes Palmöl findet bei deutschen Unternehmen kaum Absatz. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Umfrage des World Wide Fund for Nature (WWF) hervor.

Der WWF hat 59 der bekanntesten Händler und Hersteller Europas gefragt, ob sie beim Einkauf auf die Herkunft von Palmöl achten. Anlass war, dass in Indonesien und Malaysia seit Ende vergangenen Jahres rund eine Million Tonnen des Pflanzenöles lagern, für die weder artenreiche Urwälder gerodet noch Orang-Utans vertrieben wurden.

Verkauft haben die Produzenten bislang aber erst 195.000 Tonnen. "Sie fragen sich, warum sie die Zertifizierung auf sich genommen haben, wenn keine Nachfrage danach besteht", sagt Martina Fleckenstein, Leiterin Agrarpolitik beim WWF Deutschland.

Zehn der befragten Firmen kaufen das Pflanzenfett, das beispielsweise als Grundlage für Pizza, Tütensuppen, Waschmittel, Kosmetika oder der Energieerzeugung dient, überwiegend mit dem Siegel des Runden Tisches für nachhaltiges Palmöl (RSPO). An ihm sitzen Nahrungsmittelkonzerne, Banken, Plantagen und Nichtregierungsorganisationen.

Zwölf Unternehmen kümmern sich laut WWF überhaupt nicht um die Herkunft ihres Palmöls. Die Einzelhandelskette Edeka etwa landet in dem Ranking auf dem wenig schmeichelhaften Platz 43. "Wir stellen die Produkte unserer Eigenmarken derzeit von Palmöl auf Sonnenblumen- und Rapsöl um", sagt eine Edeka-Sprecherin.

So versuche man, den Einsatz von Palmöl auf ein Minimum zu reduzieren. "Diese Bemühungen hat der WWF aber nicht abgefragt", so die Sprecherin. Wie viel des energiereichen Fettes die Kette noch kauft, gibt sie nicht bekannt.

Der Düsseldorfer Chemiekonzern Henkel landet im Ranking deutlich weiter oben. Henkel halte Zertifikate einer vom RSPO-zertifizierten Plantage und stelle so sicher, dass eine entsprechende Menge nachhaltiges Palmöl in den Markt gelangt, erklärt Roland Schröder, Leiter Nachhaltigkeit im Unternehmensbereich Waschmittel. Allerdings bewerte das Unternehmen den RSPO zurückhaltend.

Die RSPO-Zertifizierung habe "überhaupt keine Aussagekraft", sagt Peter Gerhardt, Agrarreferent der Umweltschutzorganisation Robin Wood. So sei es nach Kriterien des RSPO erlaubt, weiterhin Wald in Ackerflächen umzuwandeln. Gerhardt appelliert an die Konzerne, überhaupt kein Palmöl einzusetzen, und an die Verbraucher, möglichst unverarbeitete Lebensmittel zu kaufen.

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4 Kommentare

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  • H
    HaWe

    Das "man" am besten "völlig auf Palmöl verzichtet" - das wussten wir schon. Appelle kommen immer nur bei denen an, die es eh' schon wissen.

     

    Das "faire Öl" verkauft sich also nicht, das Gewetter auch gegen zertifiziertes Palmöl hatte wohl Erfolg. Außer HENKEL versucht wohl kein Unternehmen mehr, mit zertifiziertem ÖL ökologisch zu punkten. Und nun?

     

    In Indosien wird das RSPO-Öl ranzig, und die Indonesier werden sich zukünftig zweimal überlegen, ob sie auf solche Einschränkungen eingehen. Der RSPO könnte bald Geschichte sein, dann gibt es nur noch "normales" Palmöl.

     

    Was ist dann bitte "besser"?

  • I
    Ingo

    Okay.. Malaysia hat mit erhöhtem Absatz ihres Palmöls gerechnet, wenn RSPO erfüllt wird. und jetzt haben sie einen Riesenhaufen verderbliches Öl, das nicht losgeschlagen wird... hmpf ist das nachhaltig (stirnrunzel).

  • S
    Sascha

    Es geht doch nicht darum, auf Palmöl gänzlich zu verzichten. Genausogut könnte man ja auch sagen wir verzichten auf die Produktion von Rapsöl oder anderer Lebensmittel.

     

    Das nachhaltiges Palmöl tatsächlich angebaut werden kann, beweist doch das Beispiel Kolumbien. Dort werden brachliegende Ackerflächen aufgeforstet und kein einziger Baum im Amazonas wird deshalb abgeholzt. Das Problem ist vielmehr das viele Konzerne sich über den Ankauf von Zertifikaten (greenpalm.org) versuchen reinzuwaschen und darauf verweisen, dass es logistisch zu kompliziert sei, nachhaltiges Palmöl von "normalen" Palmöl getrennt zu transportieren und zu lagern. Letztlich werden dadurch Produzenten in kleineren Ländern wie Kolumbien benachteiligt, und die großen Konzerne, die greenpalm ins Leben gerufen haben, unterstützen weiterhin den nicht-nachhaltigen Palmölimport aus Malaysia und Indonesien.

  • GR
    Guadalupe Rodriguez

    Der Verein Rettet den Regenwald hat am 30. Oktober 2009 die "Protestaktion: Henkel findet Palmöl gut - wir nicht!" gegen den massiven Einsatz von Palmöl durch den Düsseldorfer Waschmittel- und Kosmetikkonzern gestartet, an der bereits fast 12.000 BürgerInnen teilgenommen haben. Wer ebenfalls unterzeichnen will, hier der Link zu der Aktion:

     

    https://www.regenwald.org/protestaktion.php?id=479

     

    Die Erklärung von 256 Umweltgruppen und Menschenrechtsorganisationen aus aller Welt gegen den Etikettenschwindel und das Grünwaschen des Industriesiegels RSPO für Palmöl vom 16. Oktober 2008 findet sich hier:

     

    http://www.wrm.org.uy/subjects/agrofuels/International_Declaration_RTSPO.pdf

     

    Der offene Brief "Palmöl-Monokulturen werden niemals nachhaltig sein" vom November 2009 findet sich hier:

     

    http://www.regenwald.org/international/englisch/news.php?id=1445