: „Das Klinikum Mitte wäre bald insolvent“
190 Millionen Invest (Masterplan) für das Klinikum Mitte – das ist die Streitfrage. Auch unter den Betriebsräten der vier kommunalen Bremer Kliniken. Ein Interview mit Lothar Schröder (Klinikum Ost) und Peter Erlanson (Links der Weser)
taz: Das Klinikum Mitte sucht einen Investor, der 190 Millionen Euro mitbringt. Darüber gibt es Streit – warum?
Lothar Schröder, Betriebsrat Klinikum Bremen-Ost: Wir im Krankenhaus Bremen-Ost sehen auch, dass in Mitte etwas geschehen muss, was die Baulichkeiten betrifft. Wir haben nur große Bedenken, diese 190 Millionen Euro über einen privaten Partner zu finanzieren. Das bringt uns 30 Jahre in Abhängigkeit. Wenn die Stadt Bremen die Kredite besorgen würde, würden wir bis zu 20 Millionen Euro an Zinsen sparen.
Peter Erlanson, Betriebsrat im Klinikum Links der Weser: Und man würde die Profite sparen, die ein Privater ja machen will – zehn Prozent.
Warum rechnet die Gesundheitsbehörde anders?
Schröder: Die trauen sich selbst nichts zu, deshalb holen sie die Privaten. Das ist ein Armutszeugnis. Das Klinikum baut derzeit eine Großküche – warum sollen die nicht etwas anderes bauen?
Erlanson: Die drei anderen kommunalen Kliniken haben durchaus bewiesen, dass man mit dem eigenen Management effektive Strukturen hinbekommt, auch für Investitionen. Bremen leistet sich den Luxus, die meisten Patienten am teuersten Krankenhaus – in Mitte – zu behandeln.
Im Klinikum Mitte werden große Verluste gemacht, die kleineren Kliniken schreiben schwarze Zahlen?
Schröder: Das Absurde ist, dass die Strategie dahin geht, Patienten aus den Kliniken, die eine kostendeckende Versorgung hinbekommen haben, wegzuholen an die Klinik, die die teuerste ist in Bremen. Das verschiebt Probleme an den Kliniken, denen etwas weggenommen wird. Jetzt wird unsere Neurologie zum Klinikum Mitte verlegt, obwohl man weiß, dass die Kosten pro Fall dort höher sind als bei uns.
Wie hoch sind die Verluste des Klinikums Mitte?
Erlanson: Ende 2005 – der Jahresabschluss ist ja öffentlich – war ein Minus von 26 Millionen aufgelaufen, in diesem Jahr werden sechs Millionen dazu kommen. Wenn das 2007 bis 2009 so weitergeht, sind das weitere 20 Millionen. Und für die massive Bauphase ist bisher kein Verlust von Patienten in der Rechnung berücksichtigt. Man kann schon sagen: Bis 2010 ist das Klinikum Mitte nahe an der Insolvenz mit 50 Millionen Schulden oder mehr. Deswegen muss in Mitte etwas getan werden. Aber wir fragen immer dringender: Warum rechnet niemand einen „Plan B“ – Umbau ohne Einschaltung eines privaten Investors?
Schröder: An den Masterplan glaube ich nicht. Wenn man nur 100 Millionen in Mitte investieren würde, dann könnten die Kliniken das mit einer gewissen Unterstützung der Stadt hinkriegen. Eine Anschubfinanzierung für die anderen drei Kliniken müsste hinzukommen, damit die Fälle aus Mitte übernehmen könnten. Kleiner rechnen, besser verteilen, und dann haben wir alle gemeinsam wieder eine Chance.
Am 20. Dezember wollte der Holding-Aufsichtsrat die Haushaltspläne 2007 verabschieden. Die Sitzung wurde abgesagt – hat das auch mit dem Klinikum Mitte zu tun?
Schröder: Die vorgelegten Business-Pläne für 2007 waren schlechter ausgefallen, als man sich es erhofft hatte. Meine Vermutung ist, dass vor einer Beschlussfassung etwas nachgebessert werden soll. Fragen: kawe