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Das Kartell der Gen-Giganten

■ Genkritiker wollen das Weltmonopol der Saatgutindustrie brechen. In 30 Ländern soll eine Kartellklage eingereicht werden

Berlin (taz) – Die großen Biotech-Konzerne benutzen die Gentechnik nur, um den internationalen Agrarmarkt in den „Würgegriff“ zu bekommen. Immer weniger Konzerne teilen sich den auf jährlich rund 23 Milliarden US-Dollar geschätzen Saatgutmarkt. Jeremy Rifkin, international bekannter Genkritiker und -aktivist aus Washington, will dem ein Ende setzen. Zusammen mit anderen Organisationen will die von Rifkin gegründete Foundation on Economic Trends noch in diesem Jahr die Gen-Giganten bei den Kartellbehörden verklagen. Die „Multi-Milliarden-Klage“ soll gleichzeitig in bis zu 30 Staaten lanciert werden. Es könnte eines der größten Anti-Trust-Verfahren werden, das jemals angestrengt wurde. Rifkin will die Klage im November einreichen, gerade wenn die Welthandelsorganisation in Seattle zusammenkommt.

„In wenigen Jahren darf kein Farmer mehr sein eigenes Saatgut benutzen“, klagt Rifkin. „Wenn das kein Fall für die Kartellbehörden ist!“ Heute schon würden Konzerne wie Monsanto ihr patentiertes Saatgut gegen eine Gebühr nur für eine Saison an die Farmer ausleihen. Diese müssten unterschreiben, dass sie die Ernte vollständig abliefern und nicht zur Aussaat verwenden. Wenn sich dieserTrend fortsetze, kontrollierten in kurzer Zeit nur wenige Konzerne den Agrarmarkt. Besonders tragisch sei dies für die Entwicklungsländer, wo etwa 90 Prozent der Menschen von der Landwirtschaft leben.

Die neuesten Zahlen über den Saatgutmarkt bestätigen Rifkins Szenario. „Die fünf Gengiganten, AstaZeneca, DuPont, Monsanto, Novartis und Aventis, kontrollieren den Markt für genmanipuliertes Saatgut fast vollständig.“ Diese fünf decken nicht nur zwei Drittel des Pestizidmarktes ab, sie haben auch einen Anteil von 23 Prozent am Handel mit kommerziellem Saatgut, berichtet die kanadische Organisation Rural Advancement Foundation International (Rafi). „Vor fünf Jahren noch stand keiner dieser Namen auf der Liste der führenden Saatgut-Multis“, heißt es in der Zusammenstellung von Rafi.

Mit Firmenaufkäufen und -fusionen versuchen die Gen-Giganten noch größer zu werden. So hat der US-Konzern Monsanto vor kurzem angekündigt, das Saatgutunternehmen Delta and Pine übernehmen zu wollen, das allein etwa 70 Prozent des US-Saatgutes für Baumwolle kontrolliert. Mit Einkäufen bei den führenden Saatgutherstellern in Indien und Brasillien versucht Monsanto derzeit verstärkt in der Dritten Welt Fuß zu fassen. Wolfgang Löhr

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