Das Jahr 2020 kommt: Good News!

Warum eigentlich konzentrieren JournalistInnen sich so selten auf die guten Nachrichten? Zeit für einen guten Vorsatz zum neuen Jahr!

Auf das 2020 ein besseres Nachrichtenjahr werde Foto: picture alliance/Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa

„Hast du auch das Gefühl, dass während der Feiertage immer besonders viel Schlechtes auf der Welt passiert?“, fragte mich meine Mutter vor ein paar Tagen. Gerade hatte die Sprecherin im Radio die Morgennachrichten verlesen. Sie handelten von Zehntausenden Flüchtlingen, die vor Luftangriffen syrischer Regierungstruppen in Idlib flohen, von überfüllten Flüchtlingslagern auf griechischen Inseln, von US-Sanktionen gegen die Ostseepipeline Nord Stream 2.

„Ich glaube nicht“, antwortete ich, denn Terror, Flüchtlinge und Trump waren eigentlich immer da.

Wahrscheinlich entfaltet die hohe Taktzahl des Weltgeschehens zum Jahresende nur eine besonders intensive Wirkung, da sich die kürzesten der 365 Tage zwischen grau und schwarz dahinschieben und die Sinne ­– bis auf den Geschmackssinn – kaum stimuliert werden. Jetzt, da sich das Jahr mit seinen vielen Erwartungen, Plänen und Projekten auf der Zielgeraden befindet und die halbe Republik im Autoresponder-Modus faul auf dem Sofa liegt, um Entenkeule und Rotkohl zu verdauen. Die große Besinnlichkeit, der Rückzug ins Innere – er hinterlässt Fragen wie: Warum endet das Jahr mit so vielen schlechten Nachrichten? Oder auch: Warum dominieren schlechte Nachrichten die Medien?

Die Antwort könnte lauten: Weil JournalistInnen „schreiben, was ist“. Weil wir den Finger in die Wunde legen, um über Konflikte, Kriminalität, Skandale aufzuklären, sodass sich unsere LeserInnen aus der Vielzahl von Zeitungsartikeln, Nachrichtensendungen und Hintergrundberichten ihre Meinung bilden können. Weil wir unsere Themen nach meist negativen Nachrichtenfaktoren aus einer Flut von Agenturmeldungen, politischen Tagesordnungspunkten, Pressemitteilungen, Tweets und Push-Nachrichten auswählen, ordnen, gewichten und zusammenfassen. Und weil wir dabei auch den Erwartungen vieler LeserInnen an die schnelle, überdrehte und affektgesteuerte Breaking-News-Informationskultur entsprechen wollen.

Dass wir dabei nur einen Ausschnitt der Welt zeigen und Mut machende Meldungen eher vernachlässigen, nehmen die meisten von uns gemeinhin in Kauf. Mehr noch denken viele JournalistInnen, dass schlechte Nachrichten, gute Nachrichten sind.

Die Welt erscheint düsterer als sie ist

Das ist bedauerlich, denn längst haben NeurowissenschaftlerInnen herausgefunden, dass Menschen, die regelmäßig Negativschlagzeilen konsumieren, die Welt viel düsterer wahrnehmen, als sie tatsächlich ist, weshalb sich einige von ihnen von den Medien abwenden.

Um dieser Entwicklung etwas entgegenzusetzen, hat sich in Dänemark, dem Land, in dem laut UN-Glücksreport die weltweit zufriedensten Menschen leben, vor ein paar Jahren eine Gruppe JournalistInnen zusammengetan, die nicht nur „schreibt, was ist“, sondern auch versucht, Perspektiven, Lösungen und Handlungsansätze für die beschriebenen Probleme mitzuliefern. Auch hierzulande setzen RedakteurInnen vereinzelt auf konstruktive Berichterstattung.

Was läge also näher, als diese Kolumne mit etwas Gutem zu beenden und noch mal an die Einführung des Frauentags in Berlin oder an den Beschluss zum Mietendeckel zu erinnern. Gerade habe ich gelesen, dass mehr und mehr EU-BürgerInnen über die Politik in ihrem Land mitreden und mitbestimmen wollen.

Laut einer Studie werden politische Veränderungen immer häufiger auf der Straße, in der Zivilgesellschaft oder im Internet angestoßen. Die Welt steckt voller guter Nachrichten. Sie müssen nur erzählt werden. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, liebe LeserInnen, ein glückliches neues Jahr 2020!

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Jahrgang 1980. Seit August 2014 in der taz. Leitet zusammen mit Klaus Hillenbrand das Ressort taz.eins, das die ersten fünf Seiten der Tageszeitung verantwortet. War vorher als Autorin für verschiedene Tageszeitungen und Magazine tätig, entwickelte Konzepte für diverse Publikationen und war Chefredakteurin des unabhängigen Magazins für Alltagskultur "Der Wedding". Schreibt gern über Ostdeutschland, Postkolonialismus und Alltagskultur. Aufgewachsen auf der Insel Rügen.

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