■ Das Haushaltsloch zeigt: Steuererhöhungen müssen her: Helft Theo Waigel!
Der Staat spart und spart, und trotzdem fehlen in der Kasse Milliarden. Die heute veröffentlichte Steuerschätzung wird vermutlich ein Minus von 20 Milliarden Mark ergeben, zusätzlich zum ohnehin schon eingeplanten Fehlbetrag von 50 Milliarden in diesem Jahr. Der EU-Finanzministerrat hat Deutschland bereits einen blauen Brief geschickt: Die Sparanstrengungen reichen nicht aus, um das Haushaltsdefizit unter die Maastricht-Grenze zu drücken. Schon kursieren – noch dementierte – Gerüchte über eine Haushaltssperre.
Sparen, sparen, natürlich immer an den Ärmsten. Kein Geld mehr für soziale Programme, für Arbeitsbeschaffung, für staatliche Investitionen, Schulen und all das, was den Staat hat fast sympathisch werden lassen – und alles nur, um in den erlauchten Euro-Club zu gelangen? Da schäumt die Moral, da gibt es scheinbar nur einen Weg für linke Politik: Pfeift auf den Euro, laßt unseren Staat weiter Geld ausgeben, das er nicht hat. Erstaunlicherweise geht sogar Waigel neuerdings zaghaft in diese Richtung. Natürlich will er den Euro retten, aber mit den Schulden will er es nun, notgedrungen, nicht mehr gar so genau nehmen.
Der Staat als gütiger Vater, der Geld zur Förderung des Gemeinwohls umverteilt und dazu bitte mehr Schulden aufnehmen sollte? Das ist Unsinn. Jede siebte Steuermark wird bereits zur direkten Umverteilung von unten nach oben, von Lohnabhängigen an Kuponschneider, verwendet. Indem sie nämlich als Zinszahlung an diejenigen fließt, die ausreichend Geld haben, um etwas davon dem Staat zu leihen.
Linke Politik, so paradox das klingt, wäre es, Waigel unter die Arme zu greifen, um seinen Haushalt zu sanieren. Natürlich nicht, indem einerseits wahre Sparschlachtfeste veranstaltet werden und andererseits immer mehr Steuergeschenke an die Besserverdienenden und die Unternehmen verteilt werden.
Die Konsequenz kann nur lauten: Die Steuern müssen rauf. Das weiß inzwischen auch Waigel. Längst pfeifen es die Spatzen von den Dächern, daß Mehrwert- und Mineralölsteuer erhöht werden müssen. Nichts spricht gegen dramatisch erhöhte Spritsteuern – als erster Schritt zu einer ökologischen Steuerreform. Das wäre eine Umverteilung, die endlich auch einmal der Umwelt zu ihrem Recht verhelfen würde. Und dies sollten wir über der Angst vor dem Euro-bedingten sozialen Kahlschlag nicht aus den Augen verlieren. Nicola Liebert
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