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Das Gute an DSDSEine Heimat für Migranten

In Castingshows finden Jugendliche mit Migrationshintergrund das, was ihnen nur allzu oft verwehrt wird: Aufstiegschancen unabhängig von Staatsbürgerschaft und Herkunft.

Castingshows bringen die ,Ausländerfigur' durch emotionale Beheimatung zum Verschwinden. Bild: dpa

Fast 15 Millionen Menschen in Deutschland haben laut Statistischem Bundesamt einen ,Migrationshintergrund' - das sind rund 18 Prozent der Bevölkerung. Unbeeindruckt von der tatsächlichen Mischung der Nation werden von Staats- und Parteienseite immer neue ,Ausländerdiskurse' hin- und her geschoben: Parallelgesellschaften, Jugendgewalt, Zwangsheiraten.

Casting Shows des Privatfernsehen dagegen lösen das ,Problem' mit leichter Hand: Sie bringen die ,Ausländerfigur' durch emotionale Beheimatung zum Verschwinden. Schon seit Jahren demonstrieren die gecasteten Bands auf RTL2 und Pro 7, dass Herkunft und Staatsbürgerschaftsstatus für einen deutsches Fanpublikum unwichtig sind - möglicherweise sind nicht-abstammungsdeutsche Bewerber sogar interessanter. Schon die No Angels buchstabierten sich quer durch Farb- und Sprachnuancen, behielten aber die beruhigende Präsenz einer sehr einheimischen Blonden. Bei der Mädchenband Monrose hatte dann schon jede Sängerin Migrationshintergrund.

Interessant an dieser Entwicklung ist weniger, dass sie stattfindet, sondern vielmehr, dass sie in Casting Shows wie "Deutschland sucht den Superstar" (DSDS) nicht abgrenzend thematisiert wird. Von den zehn Kandidaten der Mega-Quotenshow DSDS, die es in die Endauswahl geschafft haben, fehlt nur dem Jüngsten der Migrationshintergund, dem sechzehnjährigen Berufsschüler Benjamin Herd. Sein reizvolles Pfälzisch allerdings dokumentiert die Abwesenheit von Klassenprivilegien. Möglicherweise hat auch Linda Teodosiu keinen ,Migrationshintergrund', sie macht keine Angaben zu ihrer Herkunft. Fady Maalouf ist während des Krieges im Libanon geboren (Eltern noch dort), Monika Ivkic ist Bürgerkriegsgsflüchtling aus Bosnien, Collins Owuso wuchs in Ghana auf, der am Samstag ausgeschiedene Afrodeutschamerikaner Jermaine Alford in Texas. Amerikanisch und deutsch/syrisch ist die Familie von Sahra Drome. Die Eltern von Thomas Godoij sprechen Deutsch mit polnischen Akzent, die Mutter von Stella Salato mit italienischem, und Rania Zeiriris Mutter ist Holländerin, der Vater Algerier.

In den gängigen Diskursen zu Migrantenkindern wird ihr Leben als problematisch, unglücklich, aus dem Ruder gelaufen, oder durch traditionelle Lebensführung dem deutschen sozialen Umfeld entzogen betrachtet. Die Casting Show jedoch präsentiert die KandidatInnen zunächst ohne Referenz zu ihrer Herkunft als sympathisch und ehrgeizig. Ihr häufig mit Schwierigkeiten belastetes familiäres Umfeld wird als positive Herausforderung gewertet. Die ,human touch'-Trailer, Einspieler mit denen die SuperstarbewerberInnen vorgestellt werden, bieten einem Millionenpublikum Anschauungsunterricht: Wie kommt man in komplexen transnationalen Lebensarrangements zurecht? Da sieht und hört man von Familien mit ungeklärtem Flüchtlingsstatus, von in Bürgerkriegsländern zurückgelassenen Eltern, aber auch von globalisierten polyglotten Lebensläufen, Animateur-Nomadentum und Bohemekulturen. Im Publikum der Show verschmelzen dann die Eltern oder Bezugspersonen der Kadidaten mit Freunden und Fan-Gruppen zu einem applaudierenden und Sprechchöre-bildenden Unterstützungsblock. Die Live-Show simuliert, was im wirklichen Leben notwendig wäre: Akzeptanz, Ermutigung, Autorisierung, ,Liebe'. Es entsteht eine imaginäre Gemeinschaft, die als Cheerleader das Publikum an den Fernsehgeräten und Telefonen für das Projekt nationaler (Mit)bürgerschaft gewinnen will.

Über den Erfolg von KandidatInnen und imaginärer Gemeinschaft entscheidet jedoch ein Akt der Zensur. Diese wird von der Jury verkörpert und ist stark von einem pädagogischen Eros geprägt. Auf der negativen Seite arbeitet die Jury auf interessante Weise die Alltagserfahrung der KandidatInnen um, nämlich beleidigt zu werden. Orginalton Bohlen: "Das Ding heißt hier nicht: 'Deutschland sucht die Naturkatastrophe' oder "Das klingt, wie wenn sie dir den Arsch zugenäht haben und oben die Scheisse rauskommt".

Ähnlich rau wie die negative Kritik ist auch die positive. Den KandidatInnen wird nahe gelegt, auf den Rat älterer und erfahrener Menschen zu hören, Selbstdisziplin zu üben, Narzismen zu unterdrücken. In gewisser Weise ,ganz die alte Schule', verkörpert die tough love der Jury das Bedürfnis der KandidatInnen, jemandem wichtig genug zu sein, um Objekt einer verbessernden Anstrengung zu werden und auf Seiten des ,deutschen' Publikums die Hoffnung, dass Strenge und Führung gegen das Chaos gesetzt wird. Damit erfüllt sie gleichzeitig den Wunsch nach Ordnung der Gesamtgesellschaft und stillt die Sehnsucht nach Anerkennung ihrer schwierigen Kinder. ,Master of Ceremonies' dieser Wandlung ist der ,Pop-Titan' Dieter Bohlen. Sein beruflicher Erfolg als Performer, Arrangeur, Musiker und Komponist wird von seiner Krawalligkeit, Unverschämtheit und fossiler Geschlechterpolitik überstrahlt. Als White-Trash-Ikone kommt ihm damit trotz persönlichem Reichtum der Platz zu, einen möglichen Schulterschluss der abstammungsdeutschen ,Unterklasse' mit den Kindern der Migration zu verkörpern.

Doch hat die Casting Show auch eine ursprüngliche Aufgabe: nämlich die Bewertung von Gesang und Auftreten der Bewerber. Interessant ist zunächst, dass meist auf Englisch gesungen wird. Hier verschwindet auf der performativen Ebene das delikate Verhältnis von Deutsch und Nicht-Deutsch. Man kommuniziert in einer dritten Sprache und schließt damit an globale Verständigung an.

Noch wichtiger ist möglicherweise das Nicht-Sprachliche, das emotionale Element jeder Musik. Immer wieder insistiert die Jury darauf, mehr Gefühl und Gänsehaut zu erzeugen. Es scheint, als sei eine Kommunion angestrebt. Oder anders ausgedrückt: die Nation - schließlich sucht ,Deutschland' den Superstar - vereint sich mit ihren ,fremden' Kinder in deren Gesang. Bei den KandidatInnen kommt diese Aufforderung an. Sie legen Tremolo, lange Fermaten, Country-Schluchzen und viel Luft in die Stimme - häufig wird ihnen attestiert, sie hätten Soul. Ihre oft ergreifenden Lebensgeschichten stützen noch zu erarbeitendes Stimmvolumen und Format. Das Publikum wird zum virtuellen Sozialhelfer und Integrationsbeauftragten. Paradigmatisch für diese Entwicklung ist die Karriere des Vorjahressiegers Mark Medlock. Der damals verschuldete schwule Altenpfleger mit afrokaribischen Wurzeln taumelte zwar mit robustem Charme in seine Überraschungskarriere, enttäuschte aber zunächst durch angeblichen Drogenkonsum und andere Kantigkeiten. Eine konzertierte Aktion des Übervater und Produzenten Bohlen - der dabei beweisen konnte, dass er nicht homophob ist - und sozialpädagogisch ratende Presse brachte den Superstar dann wieder auf Spur. Gerade wurde er als ,Newcomer of the Year' mit dem Musikpreis Echo belohnt.

Was auf der Ebene der Ausländergesetze, Fremdenfeindlichkeit und des Unterklassenstatus verweigert zu werden scheint, wird von populärkommerziellen TV gewährt: emotionale Staatsbürgerschaft - ja sogar ein bewunderter ,Stern' im Kosmos der neuen Heimat zu werden. Allerdings ist diese Beheimatung an ein Format gebunden. Wir haben es nur bedingt mit Wirklichkeiten, aber wirklich mit Reality TV zu tun, einem Sendeformat, dessen ProtagonistInnen über scharfe Auslese bewertet werden und um eine sehr knappe Ressource - Plattenproduktion, Modelvertrag, Hausfrauenehre, Lehrstelle oder Junglekönigskrone - kämpfen. Bei jedem Schritt auf dem Weg zum Erfolg wird den Bewerbern gesagt, dass es allein an ihrem Einsatz liegt, wenn sie gewinnen. DSDS konzentriert sich auf die eine Erzählung: die Aufstiegsgeschichte. Unzählige Casting Shows spielen dem Publikum immer wieder vor, dass ihr Talent, Arbeit und Entschlossenheit den Weg nach oben öffnet und dass es zum Marktliberalismus keine Alternative gibt. Konsequenterweise hat einer der ,prekärsten' DSDS Kandidaten, Hartz IV Empfänger Thomas Godoj, für seine Fans ein T-Shirt mit 'Kein Plan B' bedrucken lassen.

Es ist nicht ohne Ironie, dass eine Gesellschaft, die im letzten Jahrzehnt nachweislich von unten nach oben umverteilt hat, ausgerechnet den Kindern der Migration zuweist, die gute alte Aufstiegsgeschichte zu verkörpern. Aber dazu ist es auch eine Geschichte von Beheimatung, Kommunion, Verehrung und Glück. Viel schöner als Geschichten von Leitkultur, Duldungsbestimmungen für Kontigentflüchtlinge und ,Ausländer'-Kriminalität.

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10 Kommentare

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  • L
    Lisa

    Schön, auch mal in der taz etwas über DSDS zu lesen, das die Casting-Show nicht gleich von vornherein als Bohlensche-Moneymachmaschine abtut. Ein informierter Artikel mit einer komplexen Annäherung an die aktuellen kultureller Phänomene in Deutschland.

  • P
    pitti

    Gleiches Recht für alle. Egal woher sie kommen.

    Wer von den Zuschauern protestiert, soll doch die Kiste einfach auslassen.

    Warum sollte nicht einer/eine sein Glück hier probieren? Die Lektion bekommt jeder für sich.

    Den Sangestüchtigen sind gute Nerven zu wünschen und die Kraft, sich nicht verheizen zu lassen.

  • A
    AlterSack

    Ich finde den Artikel gut, die bisherigen Kommentare dagegen größtenteils überflüssig und zum Teil sogar richtiggehend debil. Man kann die Sendung in Grund und Boden schimpfen, man muss es aber nicht, sondern kann sie einfach so nehmen, wie sie ist, ohne sich irgendwelchen Illusionen hinzugeben. Soll heißen: Wer sich dort bewirbt, weiß, was auf ihn zukommt. Ist immerhin die 5. Staffel. Wer ein schwaches Ego hat, der soll nicht hingehen. Wer untalentiert ist, auch nicht. Positiv ist: wer fähig ist und sich richtig einschätzt und auf dem Boden bleibt, hat gute Chancen. Und der wird dann auch nicht madig gemacht. Also entspannt Euch mal, Leute!

     

    Zum Artikel nochmal: einige Anglizismen und Denglizismen dürfte sich die Autorin gern schenken. "Junglekönigskrone - also "Dschangl-Königskrone", also mal ehrlich, da hört's wirklich auf. Auch wenn die Autorin Wissenschaftlerin ist und die Sprache der Wissenschaft Englisch ist, handelt es sich hier um eine TAgesZeitung, die auf Deutsch geschrieben wird. Das darf ruhig beachtet werden.

     

    Ansonsten Hut ab, mal nicht das übliche einseitige fanatische DSDS-Bashing... ups, jetzt bin ich selbst nicht besser. ;)

  • S
    Sugus

    @ anke zoeckel

     

    "In einem Land, das sich einer langen Geschichte von mehr oder weniger sichtbaren Rassenkonflikten rühmen kann (...)"

    Sie meinen die USA? Oder doch Deutschland? Im letzteren Fall werden Sie doch bitte konkreter!

  • MM
    Marc Müller

    Ich frage mich, was das immer soll? Warum wird immer auf der Herkunft eines Menschen herumgestochert?

    Wie oben zu sehen, habe ich einen urdeutschen, bodenständigen Nachnamen. Keiner der mich sieht, würde in mir aber einen Deutschen erkennen. Die Vermutungen reichen vom Franzosen über den Polen bis zum Araber. Und was soll ich sagen? Sie haben alle recht. Laut meinem Stammbaum kamen in den letzten Jahrhunderten aus allen diesen Regionen und Ländern Vorfahren nach Deutschland.

    Was bin ich jetzt? Ein Arab-Franko-Polen-Deutscher, oder bin ich doch eher das, was auf meinem Paß steht, nämlich ein Deutscher. Meine Mutter ist Polin aber den Paß habe ich nie besessen. Trotzdem gehöre ich zu den 15 Millionen Menschen in Deustchland mit Migrationshintergrund.

    Die Debatte in Deustchland sollte nicht mehr länger zwischen Migranten und Deutschen laufen, sie ist eher die Debatte zwischen Unter- und Oberschicht. Gleichwohl, wo der Kandidat geboren wurde und welche Staatsbürgerschaft er besitzt.

  • I
    Irene

    Ich bedanke mich ganz herzlich für die Wortschöpfung "Afrodeutschamerikaner", bitte sagt mir, was der Junge mit Afrika zu tun hat und findet auch für mich einen schönen Begriff: meine Vorfahren sind vor Jahrhunderten als Waldenser aus Frankreich nach Deutschland eingewandert.

  • AZ
    anke zoeckel

    Casting Shows, behauptet Gabriele Dietze (und hat dabei offenbar ausschließlich deren Gewinner im Blick), präsentierten auch ihre ?farbigen? KandidatInnen als sympathisch und ehrgeizig. In einem Land, das sich einer langen Geschichte von mehr oder weniger sichtbaren Rassenkonflikten rühmen kann, mag das manchem vielleicht Eindruck machen. Ich persönlich kann einen wirklichen Fortschritt darin nicht erkennen. Trotz bestehender Tabus aus ansonsten strikt ausgegrenzten Teilen der Bevölkerung persönlichen Profit zu schlagen, ist das übliche Vorgehen der Machthaber aller Zeiten und aller Länder. Wenn man überhaupt so etwas wie einen Zeitgeist erkennen will in den Gruppe-X-sucht-Star-Y-Shows, dann ist es höchstens ihre besonders ausgeprägte Schein-Heiligkeit. Öffentlich Gefühle zu thematisieren, auf dass Wesentliches ungesagt bleiben kann, ist eine Kunst, die hier und heute entschieden besser bezahlt wird, als jemals zuvor.

     

    Nehmen wir Asien. Hat die dicke Luft in Peking tatsächlich gar nichts mit den Krawallen in Lhasa zu tun? Und kann die vietnamesische Presse von Schröder oder von der WAZ das Siegen lernen? Soll man Olympia boykottieren? Wenn ja, wieso? Weil eine alte Frau in der heiligen Stadt nicht in ihrem gewohnten Tempel beten kann? Oder weil die Spiele keine sind? Der US-Olympia-Boykott 1980 hat einige Sportler um die Früchte ihrer sportlichen Laufbahn gebracht. Das ist nicht weiter erstaunlich, denn jeder Endsieg kostet auch Mitläufer das Leben. Wenn man zynisch wäre, könnte man sagen, das genau sei das einzig Gute an Endsiegen. Menschen, nicht wahr, würden (wenn überhaupt) ausschließlich aus persönlichem Schaden klug. Dafür, dass es bisher versäumt wurde, klare Standards für die Politik von Olympia-Ausrichtern aufzustellen, sollten die Sportler nicht leiden, sagen die einen. ?Woran sonst??, fragen die anderen.

     

    ?Dafür, dass es keine Mindeststandards fürs Privatfernsehen gibt, sollten nicht ausgerechnet Migranten-Kinder zahlen?, sagen die einen. Und die anderen fragen: ?Wie sollen sie die harte Realität denn sonst begreifen und zwingen?? Beide Seiten können mit ihrer Argumentation gut von sich selbst und von der eigenen Inkonsequenz ablenken: Man tut nichts, weil die jeweils Anderen nicht nur böse sind, sondern auch allmächtig. Dumm nur, dass die Realität auf derartige Mimositäten keine Rücksicht nimmt. Sie redet Klartext. Wenn ausschließlich Jugendliche mit Migrationshintergrund glauben, sich von Bohlen und Co. fit machen lassen zu müssen für diese Gesellschaft, dann sagt das schon etwas aus. Nicht nur über Bohlen oder die Migranten-Kids, sondern über uns alle.

     

    Musik ist im Idealfall pure Emotion. Unter den Bohlens dieser Welt ist sie bloß ein dreckiges Geschäft: Oben aufmachen, Geld rein kippen und warten, dass unten was raus kommt. Man kann so etwas machen. Man sollte bloß nicht überrascht tun, wenn man feststellen muss, dass Dieter B. kein Märchenesel ist, sondern eher das Tuch über dem großen weißen Elefenten in unserem Wohnzimmer. Wenn wir nicht aufpassen, wird der Elefant uns eines Tages auf den frisch gesaugten Teppich sch... Schuldigung!

  • B
    bhikkhu

    Sich dem kulturterroristischen Phänomen "DSDS" über den "Migrationshintergrund" seiner Akteure zu nähern scheint mir doch gar zu affirmativ und für die gute alte taz doch ein wenig zu platt.

     

    Zitat: "Die Live-Show simuliert, was im wirklichen Leben notwendig wäre: Akzeptanz, Ermutigung, Autorisierung, ,Liebe'."

     

    Wer sich das Elend "DSDS" mal genauer anschaut, wird feststellen, dass oben genannten Attributen dort höchstens eine Schmiermittelfunktion zukommt. "Simuliert" und vorgebetet wird bei DSDS nämlich nur eins: Sei härter, fleissiger und besser als die anderen, und Ruhm und Reichtum sind dir gewiss. Mit Migrationshintergrund oder nicht hat das herzlich wenig zu tun. In Deutschland ist es halt momentan schick, Menschen als Clowns vortanzen zu lassen, die so garnicht deutsch aussehen.

     

    Zitat: "Aber dazu ist es auch eine Geschichte von Beheimatung, Kommunion, Verehrung und Glück. Viel schöner als Geschichten von Leitkultur, Duldungsbestimmungen für Kontigentflüchtlinge und ,Ausländer'-Kriminalität."

     

    Offenbar sieht die Autorin das anders, aber wenn mir die gesellschaftliche Realität mal wieder zu trist und entmutigend erscheint, schalte ich den Fernseher AUS.

  • A
    Anders

    Man könnte ja auch mal eine Gesangsshow mit den Inhaftierten in deutschen Haftanstalten durchführen und medial übertragen. Mal schauen, ob die gut 50 % der Häftlinge mit Migrationshintergrund (also: Anführungszeichen unten Ausländer Anführungszeichen oben) vergleichbar emotional umarmt werden wie die Einschaltquotenopfer in Dieter Bohlens RTL-Show.

  • Z
    Zynisch

    Die angebliche "tough love" der Jury bleibt einzig der an der Casting-Rampe selektierten sogenannten "Elite Deutschlands" vorbehalten, der Rest wird mit menschenverachtenden Sprüchen vom Pop-Herrenmenschen Bohlen abgeschossen. Bei dieser gezielten, psychologischen Totalvernichtung von "pädagogischem Eros" zu sprechen, das ist schlichtweg pervers. Und wer behauptet, dass DSDSS die 'Ausländerfigur' durch "emotionale Beheimatung" zum Verschwinden bringe, sieht nicht weiter als bis zum Brett (Mattscheibe) vor der Stirn: Auf YouTube tauchen auf jeder Kommentarseite zu Clips von der Kandidatensuche rassistische Bemerkungen auf, oftmals sind fremdenfeindliche Kommentare sogar deutlich in der Mehrheit. Wenn die finalen Endrunden dieser Wochenschau eine Lösung der Ausländerfrage suggerieren, dann ist das alles andere als überzeugend. "Die Jury baut der Jugend einen Start"? - Nein, das ist alles nur billige Kulisse. DSDSS ist ein Bootcamp, das sich schon im Vorfeld der Mechanismen von Ausgrenzung und Erniedrigung bedient und dessen "Auch-Du-kannst-es-schaffen"-Propaganda einzig der Generierung von immer neuem Kamerafutter zum gewissenlosen Verheizen dient.