: Das Gesicht der Inhaltsleere
Im taz-Interview: GAL-Spitzenkandidatin Christa Goetsch über grüne Ziele, schwarze Siege und gelbe Niederlagen
taz: Die Grünen haben deutlich zugelegt, Frau Goetsch. Mehr als das Minimalziel haben Sie aber nicht erreicht?
Christa Goetsch: Wir haben gewonnen, und das macht uns richtig froh. Wir wollten wieder ein zweistelliges Ergebnis, und das haben wir deutlich erreicht.
Nicht erreicht haben Sie jedoch das Wichtigste: Den Regierungswechsel für Rot-Grün.
Das stimmt leider. Das liegt aber nicht an der GAL, sondern an der SPD, die weiter verloren hat. Man sollte aber zwei positive Ergebnisse dieser Wahl nicht vergessen: Schill ist rausgeflogen und die FDP auch, die für ihre verheerende Kita- und Schulpolitik abgestraft wurde. Das sind Gründe zur Freude.
Die Wahlbeteiligung ist erneut gesunken. Ein Indiz für mangelnde Mobilisierung vor allem in roten und grünen Milieus?
Die GAL hat ihr Wählerpotenzial recht gut ausgeschöpft. Immerhin haben wir die Anzahl der Stimmen um fast die Hälfte steigern können. Schade ist allerdings, dass es der SPD nicht gelungen ist, ihre Klientel zu mobilisieren.
Die einstigen Höhen – 13,9 bei der Wahl 1997 und gar 16,1 bei der Bundestagswahl 2002 – haben Sie aber deutlich verfehlt. Welches Potenzial wollen Sie da ausgeschöpft haben?
Wir haben in Hamburg eine Kernwählerschaft von vielleicht acht oder neun Prozent. Dass wir jetzt über zwölf Prozent erreicht haben, zeigt, dass wir einen erheblichen Teil an Wechselwählern von unserer Politik überzeugen konnten. Wir haben gute Oppositionsarbeit gemacht, wir haben klar gesagt, was wir wollen, im Bildungsbereich und bei vielen anderen Themen, und das ist honoriert worden.
Themen scheinen jedoch nicht wahlentscheidend gewesen zu sein, sondern in erster Linie das „Programm Ole“...
Das ist natürlich eine traurige Entwicklung, wenn die Personaliserung solche Ausmaße annimmt. Da wird gar nicht mehr genau geguckt, was wirklich geleistet wurde. Die vergangenen zwei Jahre CDU-Politik waren doch vor allem geprägt von Inhaltsleere. Offenbar reicht, zumindest bei dieser Wahl, ein Gesicht für den Erfolg. Irritierend ist das schon.
Sie richten sich nun auf vier Jahre Opposition ein?
Ja, aber kräftig. Die grüne Fraktion wird ja deutlich größer sein, 17 statt bisher elf. Das erhöht natürlich unsere Schlagkraft, weil einzelne Abgeordnete nicht mehr zwei bis drei Themenbereiche gleichzeitig bearbeiten müssen. Wir können unsere Kräfte jetzt gezielter und konzentrierter einsetzen. Der CDU-Senat und der Bürgermeister werden das zu spüren bekommen. Ole von Beust hat nun die alleinige Verantwortung, und wir werden ihn daraus nicht entlassen. Wir werden dafür sorgen, dass der Teflon-Bürgermeister nicht weiter alles an sich abperlen lassen kann.
Als Spitzenkandidatin haben Sie, Frau Goetsch, sich auch einer Verantwortung zu stellen. Machen Sie weiter?
Natürlich stelle ich mich der Verantwortung. Ich werde wieder als Fraktionsvorsitzende kandidieren.
Interview: sven-michael veit