Das Geschäft mit dem Altpapier: Jeder Schnipsel zählt

Immer mehr Privatfirmen stellen kostenlos Altpapiertonnen zur Verfügung. Gut für Haushalte und Umwelt oder der Anfang höherer Müllgebühren?

Kostbarer Berg: Altpapier. Bild: dpa

BERLIN taz Die kostenlosen Altpapiersammlungen privater Entsorger könnten Mieter und Hauseigentümer teuer zu stehen kommen. "Die Leute werden höhere Gebühren für die Müllabfuhr zahlen", sagt Karin Opphard, die Geschäftsführerin des Verbands kommunale Abfallwirtschaft und Stadtreinigung. Der Verband vertritt die staatlichen Entsorgungsfirmen, die bisher in den meisten Orten das Monopol auf die Altpapiersammlung hatten. Doch nun wollen auch private Anbieter an das Altpapier ran, um es an Papierfabriken zu verkaufen.

Keine gute Idee, findet Opphard. "Jetzt werden die Gewinne aus der Altpapiersammlung privatisiert. Unter dem Strich wird das der Bürger bezahlen", kritisiert sie. Denn derzeit würden die öffentlichen Entsorger die wenig lukrative Abfuhr des Restmülls mit den hohen Gewinnen aus dem Altpapiergeschäft subventionieren. Wenn das wertvolle Altpapier an Privatfirmen geht, muss dieser Logik zufolge die Müllgebühren steigen.

Der kommunale Abfallwirtschaftsverband sieht sogar schon die Existenz mancher Wertstoffhöfe gefährdet, bei denen Abfall fürs Recycling gesammelt wird. "Sie verlieren eine ihrer Haupteinnahmequellen", sagt Opphard. Auch ökologisch sei es nicht vertretbar, dass statt einem zwei oder drei Fahrzeuge die Straßen abfahren, um das Papier einzusammeln.

Die mittelständischen privaten Entsorger sehen das anders. "Höchstens in Einzelfällen wird ein Straßenzug von mehreren Unternehmen bedient", argumentiert Jörg Lacher. Nach zwei, drei Monaten setze sich ein Unternehmen durch, und die anderen würden ihre Tonnen abziehen, meint der Sprecher des Bundesverbands Sekundärrohstoffe und Entsorgung (BVSE).

Gebührensteigerungen wegen der privaten Sammlungen will Lacher zwar nicht ausschließen. Die öffentlichen Entsorger allein sind seiner Meinung nach aber einfach nicht in der Lage, die Nachfrage der Papierfabriken zu decken. Tatsächlich stellen viele Kommunen immer noch nicht vor jedes Haus eine blaue Tonne und fordern stattdessen die Bürger dazu auf, ihr Altpapier zu Recyclinghöfen oder Containern zu schleppen. Weil das unbequemer ist, als das Papier in die Tonne vor der Haustür zu werfen, bringen solche Sammelsysteme dem BVSE zufolge mindestens 20 Prozent weniger Material. "Also stellen unsere Unternehmen den Leuten eine blaue Tonne vor die Tür", sagt Lacher.

Und in einem Rechtsstaat sei "zunächst einmal alles erlaubt, was nicht verboten ist". Es habe früher ja auch private Schrottsammlungen gegeben. Mehrere Gerichte hätten entschieden, dass auch Privatfirmen Altpapier sammeln dürften.

Umweltschützer stehen eher auf der Seite der Privatfirmen. "Der Wettbewerb könnte dazu führen, dass mehr gesammelt wird", findet Angelika Krumm von Robin Wood. Derzeit würden nur drei Viertel des benutzten Papiers zur Wiederverwertung abgegeben. Immer noch lande zu viel im Restmüll und damit in Deponien oder Verbrennungsanlagen. Diese Reserven, sagt Krumm, könnten sich vielleicht mit Hilfe der Privaten heben lassen.

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