piwik no script img

Das Ende der Schonzeit droht

Brandenburgs Umweltministerium will den Wolf ins Jagdrecht aufnehmen und Abschüsse erleichtern. BUND übt heftige Kritik

Von Plutonia Plarre

Der Konflikt um eine Abschussquote für Wölfe in Brandenburg ist nicht entschärft. Agrar- und Umweltministerin Hanka Mittelstädt (SPD) hat im Anschluss an eine Fachveranstaltung bekräftigt, dass der Wolf in Brandenburg zügig ins Jagdrecht aufgenommen werden soll. Abschüsse von Wölfen wegen Angriffen auf Weidetiere sollen in Problemgebieten erleichtert werden. Das Vorhaben als auch die Art des Vorgehens stößt beim BUND Brandenburg auf heftige Kritik.

Auf Einladung des Umweltministeriums hatten sich jüngst Bauern, Waldbesitzer, Jäger, Tierhalter, Umwelt- und Naturschützer und Wissenschaftler in Potsdam zu einem ganztägigen „Dialog Wildtiermanagement Wolf“ getroffen. „Es wurde eine Chance vertan“, sagte Axel Kruschat im Anschluss. Der Geschäftsführer des BUND Brandenburg gehörte zu den rund 50 Teilnehmern. „Es sollte eine Dialogveranstaltung werden, wo Rissenman alle Interessen und Faktenlagen auf den Tisch packt“, so Kruschat zur taz. „Aber wenn schon vorher feststeht, der Wolf kommt ins Jagdrecht, fragt man sich: Warum noch der Dialog?“

„Es wurde eine Chance vertan“

Axel Kruschat, Geschäftsführer BUND Brandenburg

Der Konflikt um die Frage von Wolfsabschüssen in Brandenburg war durch provokante Äußerungen des früheren Agrarstaatssekretärs Gregor Beyer zuletzt ziemlich aufgeheizt. Beyer, inzwischen des Amtes entbunden, hatte von bis zu 2.000 Wölfen in Brandenburg gesprochen und eine Abschussquote von 15 Prozent ins Spiel gebracht. Unter Berufung auf die Daten des Landesumweltamts distanzierte sich Ministerin Mittelstädt von Beyers Zahlen. Beim letzten Wolfsmonitoring sei ein Bestand von 464 Tieren ermittelt worden. Sie gehe aber von einer Zunahme der Rudel aus.

Den Plan, den Wolf ins Brandenburger Jagdrecht aufzunehmen, will die SPD-BSW Landesregierung bis Anfang 2026 umgesetzt haben. Vor der Presse sagte Mittelstädt, eine Mehrheit der Veranstaltungsteilnehmer habe sich für die Festlegung von Jagdgebieten, Interventionsgebiete genannt, ausgesprochen. Gebiete, wo vermehrt Nutztieren gerissen würden „und man die entsprechenden Wölfe entnimmt“. Das mehrheitliche Meinungsbild sei ihr wichtig, so Mittelstädt, „deshalb tendiere ich in diese Richtung“.

Axel Kruschat vom BUND kritisierte das Vorhaben mit den Worten: „Es spielt keine Rolle, ob die Abschussquote regional begrenzt ist oder in ganz Brandenburg stattfindet.“ Eine Quotenjagd widerspreche dem Arten- und Naturschutz, weil die Population dadurch verschlechtert werde. Den Abschuss von einzelnen Problemwölfen, schon jetzt erlaubt und praktiziert, nimmt Kruschat von der Kritik aus. Mittelstädt müsse überlegen, ob sie allein den Lobbyinteressen des Jagdverbandes nachkommen wolle „oder ob wir uns auf das Machbare konzentrieren“. Und zwar darauf, dass die Förderung für den Herdenschutz, wie Weidezäune und Hunde, vereinfacht werde. Und dass nach Rissen eine schnelle und sichere Entschädigung erfolge. Oft müssten die Tierhalter monatelang auf die Bearbeitung ihrer Anträge warten.

Der Wolf könnte bald in Problemgebieten zum Abschuss freigegeben werden Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Verglichen mit den Subventionen, die in die Landwirtschaft gehen, sei das Geld für den Herdenschutz „eine lächerliche Summe“, so Kruschat. Pro Jahr flössen allein in Brandenburg für die Agrarförderung ungefähr 300 Millionen Euro. Dem stünden für den Herdenschutz im Jahr 2024 ganze 2 Millionen Euro für Prävention und rund 200.000 Euro für Schadensausgleich gegenüber.

Das Bundeslandwirtschaftsministerium unterstützt dpa zufolge die Jagd auf Wölfe in Problemgebieten. Der Plan von Minister Alois Rainer (CSU) stehe auf drei Säulen: „Problemwölfe zügig entnehmen, Wolfsbestände managen und Wölfe bejagen, wo sie zur Gefahr werden“, so ein Sprecher des Bundesministeriums.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen