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Das Ei ist faul

Football: Die krisengeschüttelten Hamburg Blue Devils wollten eng mit dem FC St. Pauli kooperieren. Strukturelle und finanzielle Unzulänglichkeiten verhinderten die Zusammenarbeit

von OKE GÖTTLICH

„Wann kommt denn der neue Headcoach?“ Es war die Frage des Abends, die der Kölner Headcoach, Kirk Heidelberg, stellte.

Immerhin sind die Devils als Titelverteidiger gemeinsam mit den Braunschweig Lions die stärksten Konkurrenten der Kölner um den Meistertitel. „Wir sind nicht leichtsinnig und wollen innerhalb der nächsten 14 Tage eine Lösung präsentieren“, sagt Devils-Sportdirektor Dietrich Stolze. Auf der heutigen Präsidiumssitzung wird auch über die künftige Zusammenarbeit mit Defensivkoordinator David Likins beraten, der sich beim Spiel gegen die Crocodiles nicht in der Lage sah, als Coach zu fungieren. Devils-Präsident Christian Baarz weiß, dass zwei neue Trainer euromäßig nicht wirklich in das Budget der Devils passen. Schulden bei Gläubigern machen die Situation der Devils schwieriger denn je.

Für das inzwischen zurückgetretene Förderkreisvorstandsmitglied Dirk Ploss war dies Grund genug, ein Sanierungskonzept präsentieren zu wollen (die taz berichtete), „das in jedem Falle die Selbständigkeit des Vereins Hamburg Blue Devils gewährleisten sollte“. Gerüchte, dieses Konzept sei von dem inzwischen entlassenen Trainer Anderson vorangetrieben worden, sind nicht erwiesen. Obwohl Anderson sowohl den Gründungsgesprächen der neuen Football-Abteilung des FC St. Pauli beiwohnte und ebenfalls, wie Ploss und der Devils-Vorstand, Überlegungen anstellte, auf Marketingebene mit St. Pauli zu kooperieren. Andersons langjähriger Freund Dr. Gerald Meier, mit guten Kontakten zum FC St. Pauli, war als Marketing-Profi in dem Konzept vorgesehen.

Nicht nur auf Marketingebene wurde die Zusammenarbeit der beiden Vereine angedacht. Das geplante neue Stadion war als Spielstätte der Devils vorgesehen. St. Paulis Stadionkoordinator Frank Fechner holte sich beim Devils-Vorstand bereits Anregungen ein, welche Bedürfnisse befriedigt werden müssten. St. Paulis Vize-Präsident Christian Pothe erklärt den Bruch in der früher naheliegenden und für beide Seiten vorstellbaren Zusammenarbeit zwischen Devils und St. Pauli mit den „strukturell und finanziell sehr eigenwilligen Vorgehensweisen“ auf Seiten der Devils. Nicht zuletzt die Ankündigung der Teufel, im Falle einer Play-Off-Teilnahme lieber nach Lübeck als ans Millerntor zu gehen, verunsicherte St. Paulis Vorstandsetage, die gern ein paar Euro an den Devils verdient hätte, obwohl Football für die Finanzierung des Stadionneubaus keine „tragende Säule im Konzept ist“, wie Pothe erklärt.

Nun ist mit dem ehemaligen Devils-Förderkreismitglied Manfred Schwarzkopf als Abteilungsleiter der St. Pauli Buccaneers jemand gefunden, der „auf solider wirtschaftlicher Basis“ (Pothe) eine Abteilung leiten soll. Welche Rolle die Profis ihrer Sparten, Anderson, Meier und der in die Stadionfinanzierung involvierte Bänker Markus Linzmeier in einer Amateursportabteilung American Football spielen, bleibt unklar.

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