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Das Ding, das kommtSchlanzende Schnappatmung

Ploing, ploing, ploing, ploing! Wie dieses Instrument – das Unbedarfte wohl eher für ein Werkzeug halten würden – klingt, weiß jede, die in den 1980er-Jahren noch regelmäßig die Titelmelodie der „Sesamstraße“ gehört hat. Heute müssen Kinder da ja mit Lena Meyer-Landrut Vorlieb nehmen. Trotzdem: Wer den so charakteristisch schlanzend-zurrenden Klang hören will, hat hierzulande noch immer die besten Chancen im Kinderprogramm: Wenn irgendetwas über den Bildschirm hüpft (am prominentesten vielleicht noch immer: der Grashüpfer Flip aus „Biene Maja“), erklingt zuverlässig: Boiiiing – die Maultrommel.

Ansonsten fristet das Brummeisen, wie das kleine Zupfidiophon dann und wann und noch viel hübscher genannt wird, eher ein Schattendasein. Im Musikfachhandel etwa findet man es manchmal in den kleinen Körben neben der Kasse. Um richtig Rumms zu machen, ist die Maultrommel zu klein und leise, fürs richtige Musikmachen gilt sie mit ihrem doch sehr übersichtlichen Tonumfang einfach als zu unseriös: Kinderspielzeug eben.

Dabei ist die Maultrommel ein altehrwürdiges Instrument und rund um den Globus verbreitet. Sehr wahrscheinlich ist sie in Asien entstanden, wahrscheinlich waren die ersten Versionen aus Bambus. Die ältesten europäischen Bronzeinstrumente aus römisch-gallischer Zeit, also dem 5. bis 7. Jahrhundert fand man 1868 bei Rouen.

Im deutschsprachigen Raum war sie – bis die Mundharmonika sie verdrängte – vor allem in der Volksmusik verbreitet, vor allem in Österreich und Bayern, passt ja auch gut zum Hackbrett. Mancher Mundakrobat stopfte sich zur Umschiffung der harmonischen Unzulänglichkeiten gleich drei, vier oder zehn auf einmal ins – pardon, aber hier mal unbedingt erlaubt: Maul. Damals galt die Maultrommel nicht als Niedlichkeit, sondern als echte Gefahr: Man nahm an, dass der „zauberische“ Klang der im Mund angezupften Eisenzungen besondere Saiten in der Seele zum Schwingen bringe – also Geister beschwören helfe (oder Mädchen verführen).

Im Jazz hat die Maultrommel bis heute einen guten Ruf. Auf Dizzy Gillespies Platte „To A Finland Station“ aus dem Jahr 1982 gibt’s ein tolles Duett mit Arturo Sandoval. Und im Techno ist sie auch angekommen: „Hyperventilirium“ heißt das Projekt des Hamburger Maultrommlers Ray Subahri. Der Zusammenhang, einmal erklärt, erscheint zwingend: Wer Maultrommel spielt, muss derart viel schnappatmen, da stellt sich die Trance ganz von selbst ein. Wooooing! MATT

„Keine Knete trotzdem Fete“ mit Hyperventilirium: Fr/Sa, 28./29. 7., Am Radeland 25a, Hamburg. https://keineknetetrotzdemfete.de

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