Das Ding, das kommt: Vergänglicher Kunst-Stoff

Von den riesigen Eisblöcken, die einmal in ihnen lagerten, ist natürlich kein Tropfen mehr zu sehen. Aber auch wer die Eiskeller selbst finden möchte, muss heute ganz genau hinsehen. Erkennen kann man deren Überreste, die oft in Wäldern rund um alte Gutshöfe versteckt liegen, meist nur noch an Steinkränzen. Die Trichter der ganz oder teilweise unterirdischen Kühlschrankvorgänger sind meist längst eingestürzt und überwuchert.
Die Kieler Kunsthistorikerin Verena Voigt macht sich seit ein paar Jahren mit ihrem Projekt „Eiskellerforschungen“ und dem eigens dafür gegründeten Verein „Gesellschaft für zeitgenössische Konzepte“ systematisch auf die Suche nach den 188 Eiskellern, die es laut Katasterplänen noch in Schleswig-Holstein geben soll. Die Idee des Kunstprojekts: Die fast vergessenen Kulturdenkmale in Ausstellungsorte zu verwandeln. Sie wieder zu füllen, mit künstlerischen Arbeiten rund um das flüchtige Material Eis – als Kunst-Stoff und Ausgangspunkt für vielfältige Auseinandersetzungen mit seiner kulturellen Bedeutung, mit dem schmelzenden Eis der Polkappen und dem Klimawandel. Hören konnte man da zum Beispiel 2012, wie tauendes Eis klingt – abgespielt auf Eisschallplatten.
Bis Anfang September macht sich nun das Ausstellungsprojekt „7 Walks in the Woods“ an die künstlerische Spurensicherung rund um und in einem verschütteten Eiskeller im Rabenholzer Wald südlich von Gelting im Kreis Schleswig-Flensburg. Fotografien und Videos, Installationen und Skulpturen sollen in einen Dialog mit den Fundstücken der verschwundenen Eiskellers gebracht werden. Begleitet wird das Projekt dabei auch von Kieler Archäologinnen.
Eines der ungewöhnlichsten Exponate, das in der Ausstellung zu den Ergebnissen des Projekts im Atelier „ANKAundAnders“ in Struxdorf zu sehen ist, ist eine geomagnetische Prospektion des verschütteten Kellers, die dessen metallische Strahlungen sichtbar macht – und Spuren der bisherigen Nachnutzung. Denn auch die passt ja irgendwie zum Themenkomplex Vergessen und Klima: Jahrelang diente das Erdloch als Müllgrube. MATT
„7 Walks in the Wood. Künstlerische Spurensicherungen im Rabenholzer Wald“: Ausstellung noch bis 2. September im Atelier „ANKAundAnders“, Struxdorf, Bellig 4
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen