Das Ding, das kommt: Einfach ein Hundeleben
Er hatte gewiss kein einfaches Leben, der Hund, den Rembrandt auf einer kleinen Kreidezeichnung gemalt hat, die erst jetzt, mehrere Hundert Jahre später, in Braunschweig entdeckt wurde. Der Barockmaler hatte ein Faible für das einfache Leben von Menschen – und von Tieren.
Der Hund auf der Zeichnung ist eindeutig kein Schoßhund. Um seinen Hals trägt er eine Dornenkette, die der Abwehr von Ratten diente, die das Tier einst jagen musste. Glücklich sieht das Geschöpf nicht aus. Eher alt, verlaust und erschöpft. Und auch ein wenig traurig.
Rembrandt malt nicht einfach realistisch einen Hund. Er charakterisiert das Tier. Wir sehen keine realistische Darstellung, sondern so etwas wie die Essenz von einem Arbeitshund, dessen Schicksal Rembrandt berührte. Es gab einst ein ganzes Buch mit ähnlichen Tierzeichnungen. Das wissen wir aus der Bestandsliste seines Besitzes, die von einem eifrigen Notar erstellt wurde, als das Maler-Genie 1656 bankrott ging. Alles wurde damals verkauft, lediglich 24 Tierbilder sind heute noch erhalten, darunter überhaupt nur vier Kreidezeichnungen.
Da ist zum Beispiel die Essenz eines Elefanten, der ungleich glücklicher wirkt als der arme Arbeitshund. In Rembrandts Werken spielt der Hund eine sehr wichtige Rolle, erklärt der Leiter des Braunschweiger Kupferstich-Kabinetts, Thomas Döring. Rembrandt zeige anhand des genau studierten Tieres Dinge, die so ungeheuerlich waren, das er sie nicht anders zum Ausdruck bringen konnte.
Auf der Radierung „Joseph, seine Träume erzählend“ zum Beispiel ist deutlich ein ganz ähnliches Tier zu erkennen, das sich sein Geschlechtsteil leckt. Auf der Radierung vom „Barmherzigen Samariter“ besucht ein Gutmensch ein Haus, in dem die Ausgestoßenen der Gesellschaft leben. Auch da sitzt ein Hund im Bild, an zentraler Stelle, gut ausgeleuchtet. Er kackt auf die Straße. Alexander Kohlmann
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