■ Das „Bündnis für Arbeit“ wird verdächtig eifrig beschworen: Neue Jobs gibt es nicht am runden Tisch
Wenn es um rot-grüne „Bündnisse für Arbeit“ geht, lohnt ein Blick zurück und nach Berlin. Als im Frühjahr 1989 in West-Berlin eine rot-grüne Koalition ans Ruder kam, stand das Thema Arbeitsplätze ganz oben auf der Liste. Die Folge: Es wurde im April eine „Sonderkommission Arbeitsplätze für Berlin“ angekündigt. Dazu lud man zwei Dutzend Vertreter von Wirtschaftsinstitutionen, Verbänden und Behörden ein. Sieben Monate später fand man den ersten gemeinsamen Verhandlungstermin. Es entstanden Unterkommissionen und Arbeitsgruppen. Weitere vier Monate später wurde ein Förderprogramm vorgestellt. Am Ende gab es in Berlin ein paar neue Programme für Arbeitslose, die beispielsweise als Busspurbetreuer das Stadtbild bereicherten. Jobförderung ist ein mühsames politisches Geschäft.
Die Frage drängt sich daher auf, was denn Bundeskanzler Gerhard Schröder nun anders machen will oder kann als die abgewählte Bundesregierung, um tatsächlich ein jobwirksames „Bündnis für Arbeit“ zu schmieden. Was vermag eine wiedererweckte Bündnisrunde mit Wirtschafts- und Gewerkschaftsvertretern anderes und mehr zu leisten, als es Tarifgespräche und neue Gesetzesvorhaben ohnehin schon können oder eben nicht können? Wenig, so läßt sich aus den Bündnis-Erfahrungen der Kohl-Regierung ableiten. Alles, was weh tut, wurde früher von den Verhandlungspartnern schlicht abgelehnt. Und das war – und bleibt vielleicht – der bedeutsamste Unterschied zu ähnlichen Bündnissen, etwa in Holland.
IG-Metall-Chef Zwickel hat schon betont, daß Lohnleitlinien keinesfalls Teil eines Bündnisses sein dürften. Die Arbeitgeber wiederum werden sich auf keinerlei Zwangsmaßnahmen einlassen, die etwa die Zahl der Überstunden und die Arbeitszeit beschränken. Und das, was es „geschenkt“ gibt, nämlich neue Lohnkostenzuschüsse und Förderungen für Existenzgründer, könnte man auch ohne große Bündnisgespräche über die Nutznießer ausgießen. Die Bündnis- Runde wird daher vor allem eine symbolische Veranstaltung sein, die finanziell eher bescheiden ausgestattete Jobförderung der Regierung medienwirksam an die Öffentlichkeit zu bringen.
Der designierte Arbeits- und Sozialminister Walter Riester hat gestern schon vorsorglich angekündigt, die Arbeitslosigkeit könne unter einer rot-grünen Koalition zunächst weiter steigen. Schließlich liefen die AB-Maßnahmen erst mal aus, die von der abgewählten Bundesregierung noch hektisch vor der Wahl angeleiert wurden. Ähnlich großzügig kann und will die SPD offenbar nicht sein. Was immerhin eine ehrliche Aussage ist. Barbara Dribbusch
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen