Das Alan-Turing-Jahr: Codeknacker und Computervisionär
Der Mathematiker Alan Turing knackte im Zweiten Weltkrieg die Verschlüsselungsmaschine Enigma der Nazis. Der Computerpionier war auch Namensgeber für den Turing-Test.
Alan Mathison Turing gilt als einer der Begründer der modernen Informatik. Im Zweiten Weltkrieg half er die Verschlüsselungscodes der Nazis zu brechen. Turings Leben endete tragisch: Als Homosexueller wurde er durch eine Zwangsbehandlung in den Selbstmord getrieben. 2012 wurde aus Anlass seines 100. Geburtstags zum Alan-Turing-Jahr ausgerufen.
Zu Beginn des vorigen Jahrhunderts ging der Mathematiker David Hilbert noch davon aus, dass sich für jedes mathematische Problem früher oder später eine Lösung finden würde. Erschüttert wurde diese Ansicht 1937 durch die Arbeiten des jungen britischen Mathematikers Alan M. Turing.
Er ersann die universelle Turingmaschine, ein Gerät, welches auf einem unendlich langen Band Nullen und Einsen nach einem vorgegebenen Regelsatz liest und schreibt.
Turing konnte beweisen, dass sich bestimmte Probleme – darunter die Frage, ob eine Turingmaschine jemals anhalten wird – mit formalen mathematischen Methoden nicht lösen lassen.
Die Turingmaschine ist nur ein Gedankenmodell, doch sie bildet das Grundgerüst der modernen theoretischen Informatik. Turing wäre am 23. Juni dieses Jahres 100 geworden.
Eingebaute Verschlüsselung
Im Zweiten Weltkrieg nutzte Nazideutschland ein für die damalige Zeit ausgefallenes Verschlüsselungssystem. Die Enigma war eine Art Schreibmaschine mit eingebauter Verschlüsselung. Sie codierte Nachrichten durch die Stellung mehrerer Zahnräder.
Ein geheimes militärisches Forschungsprojekt im Bletchley Park nordwestlich von London versuchte sich am Brechen der deutschen Verschlüsselungscodes. Mit der Hilfe von Vorarbeiten polnischer Forscher entwickelte Alan Turing zusammen mit dem Mathematiker Gordon Welchmann die sogenannte Turing-Welchmann-Bombe – und nutzte ein weiteres Gerät namens Colossus, um verschlüsselte Nachrichten der Deutschen zu lesen. Colossus gilt als einer der ersten Computer überhaupt und wurde speziell für diesen Zweck gebaut.
Als Kriegshelden gefeiert wurden Alan Turing und seine Kollegen nie. Die Arbeiten im Bletchley Park blieben bis in die 70er Jahre geheim. Doch sie verschafften den Briten im U-Boot-Krieg ab 1941 entscheidende Vorteile im Kampf gegen Nazideutschland.
Nach dem Zweiten Weltkrieg
Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete Turing weiter an der Entwicklung der damals aufstrebenden Computertechnologie. Am National Physical Laboratory in Teddington war er federführend bei der Entwicklung des Manchester Mark I, Vorläufer eines frühen kommerziellen Computers.
Während die ersten Computer gerade das Rechnen lernten, dachte Alan Turing schon viel weiter. Er stellte die Frage, ob die Maschinen eines Tages in der Lage sein würden, intelligent zu denken.
Nach ihm benannt ist bis heute der Turing-Test: Ein Mensch ist mit zwei Kommunikationspartnern – einem weiteren Menschen und einem Computer – verbunden, kann mit diesen aber nur Textnachrichten austauschen. Ist die Versuchsperson nicht in der Lage, Mensch und Computer anhand ihrer Antworten zu unterscheiden, gilt der Turing-Test als bestanden.
Mensch oder Maschine
Die erste Maschine, die teilweise Alan Turings Anforderungen erfüllt, war der „Cleverbot“ im Jahr 2011, etwa die Hälfte der Testpersonen hielten die Maschine für einen Menschen.
1952 rief Turing wegen eines Wohnungseinbruchs die Polizei zu Hilfe – und wurde anschließend selbst verhaftet. Der geniale Wissenschaftler war homosexuell, und im Vereinigten Königreich der 50er Jahre war dies wie in den meisten anderen Ländern damals eine Straftat.In einer anschließenden Zwangstherapie wurde ihm das Hormon Östrogen verabreicht, um seinen Sexualtrieb zu unterdrücken.
Zwei Jahre später – 1954 – starb Alan Turing an einer Cyanid-Vergiftung. Vermutet wird, dass er sich selbst umbrachte. Er litt infolge der Zwangsbehandlung unter Depressionen.
Im Heinz Nixdorf-Museum in Paderborn ist noch bis zum 16. Dezember 2012 die Ausstellung „Genial & Geheim – Alan Turing in 10 Etappen“ zu sehen.
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