piwik no script img

Dahingerafft vom größten Glück auf Erden

■ Wie man den Glücksboten der Lottogesellschaft hinters Licht führt: „Lang lebe Ned Devine“

Wie unromantisch! Im Land der Wichtel und Elfen hat einzig noch die Lottofee Bestand. Und so man der Irish Times trauen kann, hat eine der 51 Seelen in Tullymore den Jackpot geknackt. Jackie O'Shea (Ian Bannen), seit Jahrzehnten auf Nieten gebucht, wird einen Teufel tun, sich diesen Glückspilz nicht zum Freund zu machen.

Ab sofort ist jeder verdächtig. Wer schmeißt denn da mit Geld? Selbst ein konspirativ arrangiertes Fest für alle regelmäßigen Lottospieler bringt kein Ergebnis, bis der Rentner bemerkt, daß ein Gast fehlt. Wo ist Ned? Nun, der alte Ned Devine ist tot. Schon seit ein paar Tagen. Dahingerafft vom größten Glück auf Erden, sitzt er lächelnden Angesichts vor dem laufenden Fernseher, den Lottoschein noch in Händen.

Nie und nimmer darf dieser Gewinn verfallen. So wird Jackies Kumpel Michael (David Kelly) ausersehen, Ned mit dem nötigen Respekt zu vertreten und den Glücksboten der Lottogesellschaft hinters Licht zu führen. Wie der viel zu früh kommt, wie der leicht vertatterte Michael sich Hals über Kopf und nackend aufs Motorrad schwingt und die Vorstellung seines Lebens gibt und wie die alten grauen Knaben einsehen, daß die Tour nur unter Einbeziehung des ganzen Dorfes läuft, davon handelt dieses Erstlingswerk des früheren Werbefilmers Kirk Jones.

Es ist ihm eine skurrile, temporeiche und herzerwärmende Komödie gelungen, die sich – zumal ab dem Moment, da gieriger Gemeinsinn über gemeine Gier siegt – des gemütlichen Charmes des großen Vorbilds „Local Hero“ bedient. Aber weil dieser Vergleich nicht hält, vermißt man ein wenig den letzten Rest Sarkasmus, den die Story noch geboten hätte. Schließlich geht es um viel Geld!

So aber wurde der Film ein Überraschungserfolg in den USA, was den exzellenten Schauspielern gegönnt sei. Ian Bannen als Jackie und David Kelly als Michael geben, als durchtriebene Strickjackengang so derb wie liebenswert, eine prächtige Vorstellung in bester Buddy-Manier, daneben agieren einige exzentrische Gestalten, die direkt am Drehort, der Isle of Man, als Komparsen angeheuert wurden. In dieser schrulligen Aufmachung ist „Lang lebe Ned Devine“ sicher eine Hymne auf das Alter und den „typisch irischen“ Humor, den EU-Irland mit dieser Generation zu Grabe tragen wird. Doch in der kindlichen Freude auf den großen Cash liegt eine einigende Kraft, mit der dieses irgendwie sympathische Feel-Good- Movie alle Altersgruppen anziehen sollte. Philipp Bühler

„Lang lebe Ned Devine!“, Buch und Regie: Kirk Jones. Mit Ian Bannen, David Kelly, Fionnula Flanagan. UK 1998, 91 Min.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen