Dänische Firma exportiert an Regime: Spitzeltechnik? Könnt ihr haben!
Dänemark genehmigte den Verkauf avancierter Überwachungstechnologie. Und zwar an Staaten wie Saudi-Arabien, Oman und Katar.
Es geht unter anderem um ein „Evident“ genanntes System, das die auf Überwachungstechnik spezialisierte Firma ETI in Nørresundby entwickelt hat. Diese gehört mittlerweile zum britischen Rüstungskonzern BAE und heißt nun BAE Systems Applied Intelligence A/S. Verkauft wurde die Technik beispielsweise an Staaten wie Saudi-Arabien, Oman und Katar.
Nach Einschätzung von Nicholas Weaver von der Berkeley-Universität in Kalifornien, Experte für Spitzeltechnik und Spähsoftware, ist sie in der Lage, zu überwachen, was eine ganze Bevölkerung so online treibt. „Man kann sehen, welche Webseiten besucht werden und wo die Leute sich gerade mit ihren Smartphones bewegen“, sagt er. Zumindest teilweise könne sogar verschlüsselte Mail-Korrespondenz mitgelesen werden.
„Es ist klar, dass man damit totalitären Regimen ein Handwerkszeug liefert, das dazu beiträgt, die Bevölkerung zu unterdrücken“, kritisiert Trine Christensen, Generalsekretärin von Amnesty International in Dänemark. „Wie konnte Dänemark so etwas genehmigen?“
Lücke in EU-Regelungen
Darauf gibt es vermutlich eine einfache Antwort: Weil es den dänischen Wirtschaftsinteressen dient. Die Genehmigung für den Export des Systems nach Saudi-Arabien erteilte die Wirtschaftsbehörde Erhvervsstyrelsen, die sich bei ihren Entscheidungen jeweils mit Außen- und Wirtschaftsministerium abstimmen muss, beispielsweise im Februar 2016. Zwei Wochen später stattete eine hochrangige dänische Wirtschaftsdelegation mit MinisterInnen und dem Kronprinzenpaar an der Spitze Riad einen Besuch ab. Dabei wurde eine ganze Reihe von Verträgen über einträgliche Geschäfte abgeschlossen. „Evident“ war augenscheinlich ein erfolgreicher Türöffner.
Nicholas Weaver
Kopenhagen habe bei den Exportgenehmigungen ganz bewusst eine Lücke in den EU-Regelungen ausgenutzt, meint Information. Zwar heißt es dort, europäische Technologie dürfe nicht dazu beitragen, Menschen in anderen Ländern zu unterdrücken. Allerdings müssen diese Gesichtspunkte im Rahmen von Exportgenehmigungen nur „berücksichtigt“ werden, ausschlaggebend sind sie nicht.
Festzustehen scheint, dass man in Kopenhagen besonders großzügig ist. Aus einem vertraulichen Mailverkehr, den Information zitiert, geht hervor, dass Großbritannien jedenfalls Teile des Exports nicht genehmigt hätte: „Wir möchten deutlich darauf hinweisen, dass wir den Export der Krypto-Analyse-Software nicht genehmigen würden“, schrieb der zuständige Beamte der britischen Abteilung für Wirtschaft, Innovation und Ausbildung vor einem Abschluss mit den Vereinigten Arabischen Emiraten an die dänische Behörde. Dabei verwies er auf eine Bestimmung für den Export von „Waffen und Dual-Use-Produkten, die geeignet sein könnten, die nationale Sicherheit Großbritanniens und alliierter Staaten zu gefährden“.
Reaktion auf die Enthüllungen
„Natürlich ist es absolut unvernünftig, Produkte zu liefern, die der eigenen Sicherheit schaden könnten“, sagt Hans Jørgen Bonnichsen, ehemaliger Chef des dänischen Verfassungsschutzes PET, der „ehrlich gesagt gar nicht versteht“, dass man das in Kopenhagen offenbar anders gesehen hat.
Es wird nicht die einzige Frage sein, die die in den letzten fünf Jahren verantwortlichen PolitikerInnen nun beantworten müssen. „Es scheint einen Bedarf zu geben, die nationale Exportkontrolle zu verschärfen“, sagte Wirtschaftsminister Brian Mikkelsen in Reaktion auf die Enthüllungen. „Dänemark scheint ja ein richtiges Schlupfloch für den Export von Massenüberwachung an Unterdrückerregime zu sein“, kritisiert Nikolaj Villumsen, außenpolitischer Sprecher der linken Einheitsliste: „Das ist inakzeptabel und muss sofort aufhören.“
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