Dänemarks Handballstar bei der WM: König Mikkel, der Erste
Er zierte offizielle WM-Plakate und mehrere Werbespots: Dänemarks Superstar Mikkel Hansen. Am Sonntag holte er mit seiner Mannschaft den Pokal.
Im Alter vom 31 Jahren stieg der Rückraumspieler von Paris Saint-Germain zum zweiten König von Dänemark auf. Die Dänen hatten durch ein 31:22 gegen Norwegen zum ersten Mal eine Handball-WM gewonnen. Das handballverrückte Volk darf nach dem Olympiasieg 2016 den zweiten ganz großen Triumph in der Geschichte feiern.
Das Finale war noch nicht beendet, aber doch so einseitig verlaufen, dass Hansen schon während der zweiten Halbzeit die größtmögliche Bühne seiner Sportart zu seiner Bühne machen konnte. Die knapp 15.000 dänischen Fans in der Halle von Herning bereiteten sich schon darauf vor, ihre Mannschaft in Kürze weltmeisterlich zu feiern, als der spektakulärste Akteur seiner Zeit die Aufmerksamkeit auf sich zog.
Die Weltmeisterschaft, in der die Dänen neben Deutschland Co-Ausrichter waren, sollte das Turnier von Mikkel Hansen werden. Der langhaarige Mann aus Helsingör zierte das offizielle WM-Plakat, er spielte eine Hauptrolle in diversen Werbespots und musste vor und während des Turniers die meisten Interviews geben. Alles war darauf ausgelegt, dass sich Mikkel zum König krönt – und Mikkel tat es dann auch.
„Der größte Tag“
Nach dem Finale wurde der 31-Jährige als wertvollster Spieler (MVP) der Weltmeisterschaft ausgezeichnet, die meisten Treffer (72) hatte er zudem erzielt, am Ende wurde die Finalrunde der vier weltbesten Teams zu Mikkel-Festspielen. „Er hat dieser WM seinen Stempel aufgedrückt“, sagte Nationaltrainer Nikolaj Jacobsen, der in seinem Nebenjob außerdem Coach der Rhein-Neckar Löwen ist.
Jacobsen hat Anteil daran, dass sich sein bester Spieler auf dem Zenit seiner Schaffenskraft befindet, denn ihm gelang es, den exzentrischen Topstar in das Mannschaftsgefüge zu integrieren, ohne die herausragenden individuellen Fähigkeiten von Hansen zu beschneiden. „Das heute ist der größte Tag“, sagte Hansen unmittelbar nach den letzten Minuten dieser 26. Handball-WM.
Wozu Hansen in der Lage ist, wenn er sein Leistungsoptimum erreicht, stellte er im Halbfinale des Championats unter Beweis. Im Gegensatz dazu zeigte Hansen gegen die Norweger eine für seine Möglichkeiten durchschnittliche Leistung, die allerdings dazu reichte, sieben Tore zu werfen. Gegen Frankreich schwang er sich beim 38:30-Erfolg in der Vorschlussrunde zu dem Akteur auf, der die Partie gefühlt im Alleingang entschied.
Die Dänen gewannen alle zehn Partien
Zwölf Treffer erzielte Hansen gegen den Titelverteidiger und setzte seine Kollegen außerdem immer wieder glänzend in Szene. „Wir hatten kein Mittel gegen Mikkel“, räumte später Nikola Karabatić ein, der bei Paris Saint Germain Seite an Seite mit Hansen spielt.Der WM-Titel war aber nicht allein das Werk von Mikkel Hansen, auch wenn der 31-Jährige seine Teamkollegen mit seiner besonderen Fähigkeit überstrahlte, komplizierte Bewegungsabläufe kinderleicht aussehen zu lassen.
Allein im Rückraum gibt es neben Hansen noch zwei Akteure, deren Fähigkeiten im Kader der Deutschen schmerzlich vermisst wurden. Rasmus Lauge (SG Flensburg-Handewitt) und Morten Olsen (TSV Hannover-Burgdorf) spielen zwar in der Bundesliga, haben aber einen dänischen Pass und stellten gemeinsam mit Hansen den besten Rückraum dieser WM. Im Tor bewies Niklas Landin (THW Kiel) seine Extraklasse, und auf den Außenpositionen ist die Mannschaft von Coach Nikolaj Jacobsen auch herausragend besetzt.
Die Weltmeisterschaft im eigenen Land sollte der Höhepunkt in der Laufbahn dieser außergewöhnlich talentierten Mannschaft werden – und dieser Plan ging perfekt auf. Die Dänen gewannen alle zehn Partien, nie wurde es knapper als beim Vorrundenduell gegen Norwegen und dem Hauptrundenspiel gegen Schweden, beide Partien endeten 30:26. Wie stark Dänemark in der Gegenwart ist, bewiesen das Halbfinale und das Endspiel, die zu Machtdemonstrationen der Jacobsen-Schützlinge wurden – und zur Krönungszeremonie des neuen sportlichen Königs von Dänemark.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Jeder fünfte Schüler psychisch belastet
Wo bleibt der Krisengipfel?
Gespräche in Israel über Waffenruhe
Größere Chance auf Annexion als auf Frieden