piwik no script img

Da hört der Spaß auf

■ „Osterritter und Schunck“im Packhaus

„Über kurz oder lang“ist das neue Programm von „Osterritter und Schunck“aus Bonn, 1,86 m und 1,10 m groß, der eine 100% und der andere vieleicht „1% behindert“. Für eine Woche gastieren die beiden mit dem Slogan „Drei Meter Spaß und Satire“im Bremer Packhaustheater. Ohne Rücksicht auf moralische Amüsierschwellen legt das Duo los, daß manche sich am Bier festhalten muß, die biederes Politgeblödel erwartet hatte. Zu oft waren sie Gast bei Veranstaltungen von Behindertenverbänden, wo sie selten ein zweites Mal eingeladen wurden.

Bei Humor hört der Spaß meist auf, und Späße über Behinderte sprengen meist die Dimension des herrschenden Volkshumors. Osterritter und Schunck begehen nicht den Fehler, die Tagespolitik wiederzukäuen. Das Urteil, wonach Behinderte nur noch mit Maulkorb in den Garten dürfen, ist für das Bonner Duo kein Thema und trotzdem ist alles, was sie auf der Bühne veranstalten, explizit politisch. Mit realsatirischen Grotesken wird die Galarede eines Behindertenfunktionärs der Aktion Sorgenkind rezitiert und kommentarlos der Lächerlichkeit preisgegeben. „Osterritter und Schunck“gefallen sich in der Rolle von intelligenten Tabubrechern und machen auch nicht halt vor krachlerdernen Schenkelklopfern. Entrüstung wird gerne provoziert.

Max muß immer wieder als Opfer herhalten und sitzt in verschiedenden Szenen nur als Zaungast auf dem Stuhl des Saal-Kandidaten, während Christoph das Publikum frontal beschimpft und des „Starrens“verdächtigt. Boygroups werden gegründet und eine Jungfrau soll zersägt werden, die Show ist ausgesprochen popmodern und bedient sich fröhlich aller Stilmittel der bunten Medienwelt, um diese im gleichen Atemzug zu hinterfragen. Die Bühne ist ein Bildschirm von dem „Osterritter und Schunck“dem Publikum lächelnd zuwinken.

„90 Minuten über Kleinwüchsige lachen bringt guten Sex“verrieten Christoph und Max nach der Premiere von „Über kurz oder lang“am Donerstagabend und erkundigten sich nach aktuellen Blaumeier-Vorstellungen und Punk-Konzerten. Zusammen lachen sie immerhin schon sieben Jahre und müßten demzufolge ein ausschweifendes Leben führen. Das Bremer Thekentreiben sei also vorgewarnt und sollte die Kollegen besser nicht verpassen.

Osterritter und Schunck gastieren bis Sa. 24.1 (außer montags) jeden Abend um 20.00 im Packhaus-Theater im Schnoor

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen