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„Da gibt es widersprüchliche Meldungen ...“

Kenneth Piddington, Leiter der Umweltabteilung der Weltbank, zu Staudammprojekten  ■ I N T E R V I E W

taz: Herr Piddington, Sie haben behauptet, die neue Umweltpolitik der Weltbank sei nicht nur Fassade. Was hat sich denn geändert?

Kenneth Piddington: Es gab fundamentale Änderungen. Bei jedem Projekt führen wir jetzt eine ökologische Überprüfung durch. Wir untersuchen, ob weitere ökologische Maßnahmen nötig sind, etwa bei großen Staudämmen. Zum zweiten beginnen wir in jedem einzelnen Land, die ökologischen Bedingungen zu untersuchen, bevor wir einen Aktionsplan ausarbeiten. Dies sind fundamentale Änderungen, mit denen wir vor zwei, drei Jahren angefangen haben.

Nicht nur in den Nichtregierungs-Organisationen, auch in der Weltbank hat sich ja inzwischen die Erkenntnis durchgesetzt, daß Staudämme unüberschaubare ökologische Konsequenzen nach sich ziehen. Wäre da nicht aus Ihrer Sicht, der der obersten Ökologen der Bank, ein Moratorium angebracht, um den Sinn der Dämme insgesamt erst einmal zu prüfen?

Ich habe hier viel Kritik an Dammprojekten gehört. Mit den meisten hat die Weltbank überhaupt nichts zu tun. Die Bank beteiligt sich an der Finanzierung von nur sehr wenigen Staudämmen. Und ich denke, jedes derzeitige Dammprojekt läuft nach ökologischen Kriterien. In Amazonien, um das es hier ja hauptsächlich ging, läuft eine generelle Prüfung aller Pläne für künftige Vorhaben.

Haben Sie denn ein gutes Gefühl, wenn jetzt in Kürze der zweite Energiesektor-Kredit für Brasilien abgesegnet wird, der ja auch den Bau von Staudämmen einschließt, die viele Quadratkilometer Regenwald überfluten?

Das spezielle Dammprojekt, um das es hier vor allem ging, wurde gestrichen. Es wird andere Dämme geben, die aber nicht diese umfangreichen Konsequenzen auf den tropischen Regenwald haben.

Es geht aber doch immer noch um tausende Quadratkilometer.

Ich kann es Ihnen nicht genau beziffern, mir wurde gesagt, sie würden erneut alles überarbeiten, was den Xingu -Flußangeht.

Sie hatten doch aber ein öffentliches Hearing vor Ort versprochen, bevor die Entscheidung über den Kredit fällt.

Ich brachte die Frage neulich vor, und die brasilianische Regierung sagte zu, ein Komitee einzusetzen, das sich um die öffentliche Beteiligung kümmern sollte. Der Kredit geht nicht durch, bevor das geprüft ist.

Zwei brasilianische Indianer wurden unter Anklage wegen „Einmischung in brasilianische Angelegenheiten“ gestellt, weil sie in den USA gegen den Sektorkredit protestiert haben. Nicht gerade sehr demokratische Umstände.

Da gibt es einige widersprüchliche Meldungen. Nach unseren neuesten Informationen ist deshalb niemand eingesperrt ...

... aber unter Anklage ...

... das müssen Sie mit der brasilianischen Regierung diskutieren.

Aber Sie unterstützen doch das Projekt.

Nein, hören Sie, ich habe nie gesagt, daß ich das Projekt unterstütze. Ich habe Ihnen meine Aufgabe in der Bank erklärt.

Aber Ihre Bank unterstützt doch das Projekt.

Das ist noch nicht entschieden, absolut nicht. Aber ich habe den Eindruck, daß das Energieprojekt wirklich überarbeitet worden ist. Einige Teile daraus wurden fallengelassen, und die Ingenieure haben sich erneut an den Zeichentisch gesetzt.

Interview: Ulli Kulke

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