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DSCHENIN: MIT SEINER HINHALTETAKTIK SCHADET ISRAEL SICH SELBSTVerständlicher Starrsinn

„Gut Recht bedarf der Hilfe“, meint eine französische Volksweisheit. So gesehen muss man sich damit schwer tun, den Starrsinn der israelischen Regierung nachzuvollziehen, die erklärtermaßen „nichts zu verbergen hat“ – und sich doch so wenig dabei helfen lässt, auch den Rest der Welt eben davon zu überzeugen. Da wird nach immer neuen Gründen gesucht, um die UN-Delegation an der Aufnahme ihrer Arbeit zu hindern, also die Wahrheit über die Vorgänge im Flüchtlingslager von Dschenin ans Licht zu bringen. Dabei ist klar: Je länger die Mission der Vereinten Nationen verzögert wird, desto schwerer lastet der Verdacht, nicht nur mit legitimen Mitteln vorgegangen zu sein, auf den Schultern derjenigen israelischen Offiziere und Soldaten, die von ihrer Regierung in den Kampf gegen den Terror geschickt wurden.

Schon ist von einem „Mythos“ die Rede, und es dürfte kein Zweifel daran bestehen, dass Dschenin in die palästinensischen Geschichtsbücher eingehen wird – als Beispiel für den besonders mutigen Widerstand gegen die israelische Besatzung, wenn nicht sogar als weiteres „Massaker“, das das palästinensische Volk auf dem Weg zur Selbstbestimmung und zum eigenen Staat über sich ergehen lassen musste. Denn aus palästinensischer Sicht ist in dem Flüchtlingslager nichts anderes als ein Massaker geschehen.

Die israelische Version könnte sich von dieser Sicht der Dinge nicht mehr unterscheiden. Demnach setzten Israels Soldaten „alles daran, die Zivilbevölkerung zu verschonen“, heißt es in Jerusalem und Tel Aviv. Dieses Behauptung ließe sich unschwer nachprüfen: Ein Blick auf die Listen der Opfer von Dschenin würde ausreichen, um festzustellen, ob die Toten kampffähige Männer waren und einer der palästinensischen Widerstandsorganisationen angehörten, oder ob sich unter den Opfern auch Frauen und möglicherweise Kinder befinden. Auch die Zahl der Toten, die von palästinensischer Seite auf „über 500“, von israelischer auf „rund 50“ geschätzt wird, wäre durch einen Vergleich der Vermisstenlisten mit den Namen der von Israel Verhafteten in sehr kurzer Zeit überprüfbar.

Die israelische Ablehnung eines solchen Vorgehens macht sich vor allem an zwei Punkten fest: Einerseits wird gefordet, das Untersuchungsteam der Vereinten Nationen solle vor allem einen Militärexperten einbeziehen, der sich mit der „terroristischen Infrastruktur“ in dem Lager befasst. Schließlich sei diese Infrastruktur der Grund dafür, dass überhaupt eine Militäroperation stattgefunden habe, stattfinden habe müssen. Zudem erkläre einzig die „hohe Konzentration an Terroristen“ die tagelangen schweren Gefechte im Flüchtlingslager. Zum Zweiten solle sich das UN-Gremium auf eine Zusammenstellung der Tatsachen beschränken und nicht etwa Empfehlungen abgeben – etwa zu möglichen Maßnahmen gegen die israelischen Kommandanten vor Ort.

Für Israel ist der Einsatz einer internationalen Untersuchungskommission ein historischer Präzedenzfall. Verständlich, dass die Regierung in Jerusalem einer öffentlichen Entmündigung etwa durch ein Kriegsverbrechertribunal außerhalb der israelischen Staatsgrenzen niemals zustimmen wird. Umgekehrt deutet die Erwartung, es könne seitens der Vereinten Nationen tatsächlich zu einer derartigen Empfehlung kommen, darauf, dass das Gewissen der israelischen „Verteidigungsarmee“ doch nicht ganz so rein ist, wie man es der Welt zu verkaufen versuchte. SUSANNE KNAUL

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