DREI AUSSENMINISTER BEMÜHEN SICH IN MANILA UM DIE GEISELN AUF JOLO: Demonstration der Machtlosigkeit
Die Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Finnlands haben in Manila der philippinischen Regierung zum wiederholten Male das Versprechen abgerungen, dass die von den Abu-Sayyaf-Rebellen festgehaltenenen Geiseln nicht gewaltsam befreit werden. Der Schutz des Lebens der Geiseln soll oberste Priorität haben. Diese Forderung ist aus Sicht der ausländischen Regierungen völlig richtig. Die drei Minister wiederholten auch, dass ihre Regierungen keine Lösegelder zahlen werden. Auch das ist im Prinzip richtig, wollen sie nicht Millionen ihrer Bürger, die jährlich ins Ausland reisen, dort zu lukrativen Kidnappingzielen machen.
Doch wenn weder durch den Einsatz von Gewalt noch durch Lösegeld versucht werden soll, die Geiseln zu befreien, wie dann? Hierauf gab der Besuch der drei Außenminister keine Antwort. Er demonstrierte vielmehr die geballte Machtlosigkeit der betroffenen Regierungen. Denn sie können in Wahrheit nicht viel tun. Und das wenige, was die Minister tun können – appellieren, medizinische Hilfe anbieten und Verhandlungsbereitschaft zeigen –, haben sie jetzt persönlich gemacht – auch mit Blick aufs heimische Publikum. Das will die Geiseln in Freiheit sehen und will nicht, dass deren Zahl – wie jüngst geschehen – weiter steigt. Doch eine einfache und schnelle Lösung gibt es nicht.
Für die drei Minister ist es eine bittere Ironie, dass ausgerechnet während ihres Besuchs und ohne ihr Zutun eine zweite malaysische Geisel freigelassen wurde. Bei beiden handelt es sich um Glaubensbrüder der Entführer. Höchstwahrscheinlich wurde für sie dennoch Lösegeld gezahlt. Dies wird natürlich nicht an die große Glocke gehängt. Zum Arrangement gehört eben auch, dass Lösegeld im südphilippinischen Entführungsbusiness meist zynisch als Aufwandsentschädigung für Unterkunft und Verpflegung der Geiseln deklariert wird. Dass den Entführern eine solche Lösung für die restlichen Geiseln vorschweben könnte, deutete gestern ein Unterhändler an, der von „Entwicklungshilfe“ im Tausch für die Geiseln sprach. Eine solche Lösung scheint die wahrscheinlichste, weil sie friedlich ist und alle das Gesicht wahren lässt – auch die drei Minister. SVEN HANSEN
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