DOKUMENTATION: »Reden ist jetzt Gold«
■ Dirk Schneider rief 1988 zum »Bruch des Schweigens« auf
Mit der Offenlegung seiner eigenen Spitzeldienste für die Stasi hat Dirk Schneider lange gezögert. Statt dessen rief er vor knapp drei Jahren als AL-Pressesprecher die Mitarbeiter westlicher Geheimdienste auf, Hinweise auf ihre Tätigkeit an die AL weiterzugebe. »Aufruf zum Bruch des Schweigens« übertitelte Schneider eine von ihm persönlich entworfene Anzeige, die dann am 16. Dezember 1988 in der taz erschien.
Kurz zuvor war bekannt geworden, daß das Berliner Landesamt für Verfassungsschutz jahrelang die AL bespitzelt hatte. Die Igel- Partei suchte für den daraufhin eingerichteten Untersuchungsausschuß des Abgeordnetenhauses Informationen von Insidern. Stasi- Mann Schneider appellierte deshalb für seine damalige Partei per taz-Anzeige an »alle Bediensteten, V-Leute, Agenten, Informanten des Verfassungsschutzes und alle, die etwas vom Geheimdienst wissen«, sich mit Hinweisen an die AL-Fraktion zu wenden. »Reden ist jetzt Gold«, formulierte Schneider schwungvoll und sicherte potentiellen Anrufern zu, ihre Tips würden »auf Wunsch selbstverständlich vertraulich« behandelt.
Die »Überwachung von Parteien, Gewerkschaften, Organisationen, Zeitungen, Rechtsanwaltsbüros sowie von weit über 100.000 Berliner Innen« habe »ein Klima des Mißtrauens und der Unsicherheit« geschaffen, hieß es in der Anzeige. Ein Skandal, keine Frage für den damaligen AL-Politiker Schneider. Während er still und heimlich für den DDR-Staatssicherheitsdienst arbeitete, forderte er öffentlich und per taz-Anzeige möglichst viel Glasnost: »Demokratie braucht Offenheit und keine Staatsgeheimnisse!« hmt
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