DNA-Analyse Pharao Tutenchamun: Schwacher Jüngling mit Klumpfuss
Der weltberühmte Pharao Tutenchamun, der im Alter von 19 Jahren starb, war ein zerbrechlicher junger Mann, der auf Krücken ging und am Biss einer Malariamücke starb.
Welcher Mensch verbarg sich hinter der weltberühmten goldenen Totenmaske? Über 3.300 Jahre hat die Mumie Tutenchamuns dieses Geheimnis für sich behalten. Nun hat die moderne Wissenschaft den Mythos des sagenumwobenen Pharaos ein wenig entzaubert.
Kaum ein heutiger König oder Präsident dürfte sich eines ähnlichen Trubels erfreuen wie die Mumie im Glaskasten im ägyptischen Museum im Zentrum Kairos. Hunderte Journalisten drückten sich am Mittwoch die Nase platt, um ein Bild der Mumie zu erhaschen. Zuvor hatte Ägyptens Chefarchäologe Zahi Hawass die Ergebnisse einer seit zwei Jahren durchgeführten DNA-Analyse und zahlreicher Computertomografien verkündet.
Das kratzt etwas am Image, das Tutenchamun seit dem Fund seiner Grabschatzkammer 1922 genießt, als Howard Carter der Welt ein Grab voller Juwelen und einzigartiger kunstfertiger Grabbeilagen vorgestellt hatte. Die letzte Ruhestätte des Pharaos war das bisher einzige Königsgrab, das entdeckt wurde, bevor es von Grabräubern geplündert worden war.
Laut dem Ergebnis war Tutenchamun ein äußerst zerbrechlicher junger Mann, der auf Krücken ging, an mehreren Erbkrankheiten litt und am Ende von einer Malariamücke niedergestreckt wurde, nachdem es bereits nach einem Beinbruch Komplikationen gegeben hatte. "Das Ganze muss äußerst schmerzhaft gewesen sein", sagt Zahi Hawass. Es erkläre aber auch, warum im Grab zahlreiche Gehstöcke gefunden wurden, die offensichtlich auch benutzt wurden", so der Archäologe.
Lange war darüber spekuliert worden, warum der König nur 19-jährig verstarb. Als 10-Jähriger hatte er 1333 vor unserer Zeit den Thron bestiegen. Manche sprachen von einer Palastintrige, andere davon, dass der junge Mann von seinem Streitwagen gefallen sein könnte. Als Beweis diente ein Loch in seinem Schädel. Vor fünf Jahren fanden die Forscher dann bei einer ersten Computertomografie heraus, dass dieses Loch nach dem Tod entstanden war und wahrscheinlich Teil des Einbalsamierungsprozesses gewesen ist. Durch das Loch soll eine konservierende Flüssigkeit eingeflößt worden ein.
Die neuen DNA-Ergebnisse zeichnen vor allem das Bild eines von Erbkrankheiten und einem Klumpfuß geschwächten Königs. Das mag auch daran liegen, dass seine Eltern Geschwister waren. Die DNA-Tests beweisen: Sein Vater war niemand Geringerer als Echnaton, der Tutenchamun mit einer seiner Schwestern zeugte, deren Mumie noch nicht gesichert identifiziert ist und nur die Bezeichnung "KV35YL" trägt. In der altäyptischen 18. Dynastie war es durchaus üblich, dass Tante und Mutter ein und dieselbe Person sind. Tutenchamuns Großvater hatte ebenfalls einen Klumpfuß, sein Vater Echnaton besaß wie sein Sohn eine Gaumenspalte. Beide litten unter der Köhlerkrankheit, einer seltenen Störung des Knochenaufbaus.
Ausgeschlossen haben die Forscher aber, dass Tutenchamun an einer Erbkrankheit litt, die ihm ein weibliches Aussehen verlieh. Das, glauben sie, sei eher dem Geschmack der damaligen Künstler geschuldet, prominente Könige mit großen Brüsten abzubilden. Dass man die Mumie Echnatons nun auch durch DNA-Tests identifiziert hat, ist ebenfalls für die Ägyptologen von einiger Bedeutung. Man hatte lange geglaubt, die Mumie des ersten Monotheisten der Menschheitsgeschichte sei nach dessen Tod von den nachfolgenden Priestern zerstört worden, die Echnaton als Häretiker betrachteten.
"Es gibt nichts Faszinierenderes, als an diese Königsmumien herangelassen zu werden. Ich fühle mich privilegiert, an diesem Projekt teilnehmen zu dürfen. Das ist ein Traum", sagt Dr. Albert Zink gegenüber dieser Zeitung. Der deutsche Anthropologe hatte bereits DNA-Tests am Ötzi, der ältesten bekannten Gletschermumie der Welt, durchgeführt. DNA-Tests an Mumien sind äußerst schwierig", erklärt Zink. Das Genmaterial sei mit der Zeit degradiert, die Einbalsamierungssubstanzen können das Ergebnis zusätzlich verfälschen, erzählt er. "Es hat zwei Jahre gedauert, weil wir die Tests immer wieder wiederholt haben, um sicherzugehen", sagt er.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen