DIE WAHRHEIT: „Ich liebe alle Dinge!“
Ein Interview mit dem neuen deutschen Importweltmeister aller Klassen, Rhaban Richman aus Thüringen.
Viele wissen es noch gar nicht, anderen ist es in diesen medaillenlosen Tagen für Schwarz-Rot-Gold ein echter Trost: Deutschland kann stolz sein auf einen neuen, echten Weltklasse-Champion. Rhaban Richman aus dem thüringischen Obereichsfeld darf sich nämlich seit einigen Tagen „Persönlicher Importweltmeister“ nennen. In einem Gespräch mit der Wahrheit schildert der 26-jährige Wahl-Thüringer erstmals, wie es zu der großen Ehre und dem Weltmeistertitel kam.
taz: Herr Richman, herzlichen Glückwunsch! Wie kamen Sie zu Ihrer – darf man sagen: ungewöhnlichen Profession?
Rhaban Richman: Na ja, anfangs war es Langeweile, aber auch Trauer darüber, dass wir nicht mehr Exportweltmeister sind.
Und da haben Sie den Spieß einfach umgekehrt?
So ungefähr. Ich war drüben in Duderstadt shoppen und fand mich auf einmal vor einem Gartenfachcenter wieder: „Samen Roland“, das günstig polnische Brunnenkresse und botswanische Usambaraveilchen in Tütchen anbot, draußen in der Fußgängerzone in so Grabbelkästen.
Und da kauften Sie dann einige?
Nein, ich nahm alle! Ich kaufte gleich das ganze Sortiment, inklusive der Auslagebehältnisse.
Und dann?
Dann ging ich nach Hause und habe das Zeug auf alles geschüttet, was irgendwie nicht asphaltiert oder zubetoniert war. Nach ein paar Wochen wohnte ich mitten in einem Kressewald mit dieser großartigen Veilchenpracht im Unterholz. Es war herrlich …
Aber damit sind Sie noch nicht Weltmeister geworden?
Natürlich nicht, aber mir ging diese typisch deutsche Knauserei auf den Keks, nichts mehr selber kaufen zu wollen, aber von anderen zu erwarten, die deutsche Exportwirtschaft zu stützen. Und ich liebe einfach Dinge!
Und was kauften Sie dann?
Ich brauchte einen neuen Fernseher und konnte mich lange nicht für die richtige Größe entscheiden. Da bin ich dann rein in ein Fachgeschäft und habe einfach einen vollständigen Satz Geräte gekauft, von Klein- bis Großbild alle Typen – LCD, LED, LSD und so weiter. Ausnahmslos made in Fernost. Das Geschäft musste zur Anlieferung extra einen Sattelschlepper mieten.
Wo habe Sie die ganzen Fernsehgeräte hingestellt?
Einige natürlich ins Wohnzimmer, den Rest in Stall und Scheune. Das heißt, einen ließ ich im Sattelschlepper, den habe ich auch gleich vom Fleck weg gekauft. War ja ein Iveco, also das war dann die Hilfe für Italien.
Und wie haben Sie das mit dem Geld gemacht? Die Kaufsumme muss ja mindestens schon fünfstellig gewesen sein, oder?
Ja, aber einer musste doch mal anfangen damit! Mit dem Sattelschlepper konnte ich dann auch in ganz neue Importdimensionen vorstoßen. Was glauben Sie, wie malerisch sich griechische Säulen zwischen mannshoher Brunnenkresse machen?
Also haben Sie auch an Ort und Stelle in Griechenland gekauft?
Natürlich, wieso denn nicht?! Da muss das Geld doch wieder hin – und zwar legal! Und die ganzen zurückgekauften Panzer, die wir, also der deutsche Staat, den armen Griechen angedreht haben, waren in meinen Augen sogar ein Schnäppchen! Das war schon ein beeindruckender Konvoi!
Damit sind Sie bis in Eichsfeld gekommen?
Alles kein Problem! Die hielten es alle für eine Nato-Übung. Nur hinter Würzburg kam die Autobahnpolizei, weil wir die Mindestgeschwindigkeit auf Autobahnen unterschritten hatten.
Bekamen Sie einen Strafzettel?
Nein, gar nicht mal, nur eine Ermahnung! Und es hatte sogar den Vorteil, dass wir ab da so eine gute Presse hatten und diese Eintragung ins „Guinness Buch der Rekorde“ seinen Lauf nahm.
Reichte denn die Ware da schon für den Einkaufsweltrekord?
Nein, noch nicht ganz. Aber dann begann ich Geld und Devisen zu importieren – wie Liechtenstein. Denn ohne Geld könnte ich das doch alles gar nicht finanzieren.
Dann scheint das ein gut durchdachtes Firmenmodell zu sein?
Ich komme nicht umsonst aus einer alten Händlerfamilie.
Aber Sie sind kein gebürtiger Thüringer?
Nicht ganz. Meine Familie stammt ursprünglich aus Bangladesch, aber wir leben schon seit drei Generationen in Deutschland, und ich fühle mich sauwohl in Thüringen. Auch wenn ich immer sage: Die Knickerdeutschen können noch viel von uns lernen, was Einkaufen angeht.
Haben Sie gar keine Probleme im berüchtigten Osten?
Ach was! Die Menschen hier kennen und lieben mich als den „dunkelsten Thüringer der Welt“. Das war mein erster Ehrentitel. Und den lass ich mir von niemandem streitig machen.
Herr Richman, wir danken Ihnen für das Gespräch.
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