DIE SCHILL-PARTEI KANN IM BUNDESTAGSWAHLKAMPF NUR VERLIEREN: Gefahr für Stoiber
Edmund Stoiber hat seit Samstag eine Sorge mehr. Die Teilnahme der Schill-Partei an der Bundestagswahl kann den Kandidaten nicht freuen: denn der Law-and-Order-Politrichter fischt in seinem Revier. Schon im Hamburger Wahlkampf hat sich Roland Schill als „Stoiber des Nordens“ bezeichnet. Wenn der Bayer sich weiter als weich gespülter Mann der Mitte präsentiert, dürfte er ein paar wertvolle Stimmen an den Hamburger verlieren. Ein paar Prozent für Schill werden zwar nicht ausreichen, um Stoibers Chancen auf einen Wahlsieg empfindlich zu schmälern. Dazu ist die Strahlkraft des Hamburgers mittlerweile viel zu matt. Es könnte zu 1 oder 1,5 Prozent reichen, mehr ist der Schill-Partei bundesweit nicht zuzutrauen. Trotzdem: Unionskandidat Stoiber ist einer der Verlierer der Entscheidung vom Samstag.
Der zweite Verlierer ist Richter Schill selbst – denn der muss gute Miene zum bösen Spiel machen. Offiziell spekuliert er mit einem Amt als Bundesminister und redet davon, man wolle die bundesweit drittstärkste Kraft werden. Aber Schill weiß natürlich selbst, dass dies nur billigste Illusion ist. Die Aura als Großer Vorsitzender, dem das Parteivolk unbedingt folgt, ist er seit Samstag ebenfalls los. Im Wissen um seine Chancenlosigkeit hatte Schill selbst eine Teilnahme seiner Partei an der Bundestagswahl abgelehnt. Aber seine Partei hat ihren Chef in einer für die Organisation entscheidenden Frage überstimmt.
Die „Partei Rechtsstaatlicher Offensive“ geht unweigerlich den Weg der Hamburger Statt Partei in den frühen 90er-Jahren. Es ist auch derselbe Typus von Parteimitglied, der damals wie heute mit Geschäftsordnungsanträgen wedelt, die Satzung oder gleich den ganzen Parteitag anficht. Der neurotische Kleinbürger übt seine Funktion als Totengräber der Schill-Partei hervorragend aus.
Die einzige Gewinnerin ist die Freie und Hansestadt Hamburg. Ihren Innensenator wird sie in den kommenden Monaten kaum zu Gesicht bekommen. Denn der wird ab jetzt ständig irgendwo im Bundesgebiet unterwegs sein – und kann daheim keinen Unfug anstellen. PETER AHRENS
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