DIE POST IST DA : Blöder gelber Zettel
Um neun hatte der Handywecker geklingelt. Ich hatte drei- oder zehnmal auf „Schlummern“ gedrückt und ihn dann ausgemacht. Ich bin freie Autorin, ich muss gar nichts. Früh aufstehen muss ich nur, wenn ich am Abend vorher so viel gesoffen hab, dass ich morgens kotzen muss. Sich den Abend noch mal durch den Kopf gehen lassen, nennt das mein Kumpel H. Jetzt liege ich jedenfalls im Bett und gucke Nachrichten auf dem Handy. Es klingelt an der Tür. Nicht unten, sondern oben vor der Wohnung. Ach, Mann. Es raschelt am Briefschlitz, aber offenbar ist der Schlitz nicht groß genug für das, was durch soll. Ich weiß genau, was es ist, ich hab vor ein paar Tagen auf eBay ein Hörbuch gekauft. Es klingelt noch mal. Ich bin nackt. Wenn ich jetzt die Tür aufmachen will, muss ich mich erst anziehen, aber der Bademantel ist gerade in der Wäsche. Ach, alles zu kompliziert. Der Briefschlitz klappert noch mal, wahrscheinlich der gelbe Zettel.
Irgendwann später stehe ich auf und lege den gelben Zettel auf den Esstisch. Ich hasse diese Zettel, sie schicken mich immer zur Post am Halleschen Ufer, obwohl es mindestens drei Filialen gibt, die näher sind.
Am nächsten Tag nehme ich den Zettel und fahre zum Halleschen Ufer. Die Frau am Schalter geht nach hinten, um mein Päckchen zu suchen. Sie findet nichts. Sie kommt wieder, geht noch mal nach hinten, kommt noch mal wieder. Kein Päckchen. Das tut ihr sehr leid, sie gibt mir ein Kärtchen mit der Servicenummer der Post und tackert es an den gelben Zettel. Während sie das macht, sehe ich, dass auf dem Zettel gar nicht steht „Filiale Hallesches Ufer“, sondern „Filiale Bergmannstr“. – Huch. Ich schäme mich für uns beide. Ich sage schnell, toll, danke schön für die Nummer, und haue ab. Fahre im Nieselregen zur Bergmannstraße, liegt eh auf dem Nachhauseweg. Vorher fummel ich die Karte mit der Nummer ordentlich wieder ab. MARGARETE STOKOWSKI