DIE PDS SCHEITERT WEITER AN SICH SELBST: Taschenkontrolle statt Politik
Das Nein des Kanzlers zur Unterstützung eines Irakkrieges war so kategorisch nicht gemeint. Die Bundesregierung will mit dem Hartzkonzept Arbeitslose in Stellen vermitteln, die es zumindest im Osten einfach nicht gibt. Die Angst vor Jobverlust hat mittlere und obere Schichten erreicht. Rot-Grün verliert selbst im eigenen Lager dramatisch an Zustimmung. Und was tut die PDS? Sie beschäftigt sich mit der „Taschenkontrollaffäre“.
PDS-Vize Dehm soll den Wachdienst in der Berliner Parteizentrale aufgefordert haben, den ehemaligen Bundesgeschäftsführer der Partei, Dietmar Bartsch, zu überwachen. Die PDS-Vorsitzende Gabi Zimmer hat ihren Stellvertreter nun aufgefordert, sein Amt ruhen zu lassen, bis die Vorwürfe gegen ihn geklärt sind. Doch dass Zimmer sich nun zumindest vorerst von Dehm befreien will, ist durchaus pikant. Immerhin hat dieser auf dem PDS-Parteitag in Gera die Mehrheit organisiert, mit der Zimmer ihren Parteivorsitz verteidigte und nahezu alle abräumte, die bisher für Bündnis- und Politikfähigkeit der Ostpartei gestanden hatten.
Man verteidigt die Macht nicht mit denselben Leuten, mit denen man sie erkämpft hat, schrieb schon Niccolò Machiavelli. So funktioniert Politik. Ein normaler Vorgang also? Nein, denn Zimmer musste erst gedrängt werden, Dehm öffentlich in die Schranken zu weisen. Die Chance, sich langfristig aus der Abhängigkeit von ihm abzusetzen, ergreift sie nur zögerlich. Diese Konstellation hat etwas Absurdes: Dehm und der ihn stützende Bundesgeschäftsführer Uwe Hiksch sind ausgerechnet zwei ehemalige Sozialdemokraten, die gegen die Orientierung auf rot-rote Koalitionen kämpfen. Und ausgerechnet ein Westdeutscher beschert der PDS nun eine Affäre, die Erinnerungen an demokratischen Zentralismus und Stasi weckt.
Über Nichtigkeiten und Familienzwist verpassen die Sozialisten die Chance, über linke Kritik an einer schlingernden Linksregierung wieder eine politische Funktion zu bekommen. Das Problem der PDS ist nicht, dass sie bei der Bundestagswahl verloren hat. Vielmehr scheitert sie am Umgang mit dieser Niederlage. ROBIN ALEXANDER
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