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DIE PDS NACH GYSI UND BISKY: KOMMT JETZT WIEDER DER AGITPROP?Willkommen im Alltag!

Gysi geht. Jetzt ist die große Show zu Ende. Bisky geht. Jetzt ist es vorbei mit dem guten Menschen, der die Partei umsorgt. Zimmer heißt die neue Chefin. Und was kommt mit ihr? Eine Zonen-Gabi? Der provinzielle Osten? Der Agitprop? Oder gar der Anfang vom Ende der PDS?

Gemach, gemach. Gabi Zimmer steht mehr für die PDS, als Gregor Gysi jemals stand. Gysi war der Retter der Partei, ihr Star, ihre Ausnahme – Zimmer ist ihre Mitte, ihre Seele, ihr Alltag. Sie ist wie die meisten von der Basis: unscheinbar, fleißig, pflichtbewusst. Deswegen bekam Gabi Zimmer bei ihrer Wahl zur PDS-Chefin gleich 93 Prozent der Stimmen – ein Ergebnis, das Lothar Bisky in seiner achtjährigen Amtszeit nie erreicht hat. Diese 93 Prozent sind aber auch eine Drohung: Liebe, tapfere Gabi, bleib so wie wir!, rufen die Genossen. Und die liebe, tapfere Gabi wird so bleiben, weil sie gar nicht anders kann. Aber das muss für die PDS nicht schlecht sein.

Natürlich bedeutet der Abgang von Gysi und Bisky eine Zäsur für die Partei. Die Partei verliert ihre innere Machtbalance. Gysi und Bisky verkörperten durch ihre bloße Anwesenheit die Entscheidung der PDS, eine Reformpartei sein zu wollen, die nicht im Osten versackt. Diese Entscheidung muss Gabi Zimmer immer wieder neu erkämpfen. Beim Parteitag in Cottbus ist ihr das zum ersten Mal überraschend deutlich gelungen.

Wenn Zimmer den Übergang meistert, wenn die Sozialisten 2002 wieder in den Bundstag einziehen, und das ohne Gysi und Bisky – dann dürfte die PDS in der bundesdeutschen Parteienlandschaft dauerhaft etabliert sein. Und sie hätte sich von ihren beiden Führungsfiguren emanzipiert. Dabei könnte der PDS sogar helfen, dass sie als Koalitionspartner der SPD auf Bundesebene in absehbarer Zeit gar nicht gebraucht wird.

Die Frage ist nur, als welche Partei sich die PDS etabliert: als gesellschaftliche Radikalopposition oder Mitregentin? Ostdeutsche Volkspartei oder gesamtdeutsche sozialistische Programmpartei? Das ganze mit kommunistischen Heilsversprechern und marxististischen Dogmatikern oder ohne? Und was, bitte schön, heißt denn Sozialismus in der bürgerlichen Gesellschaft im 21. Jahrhundert ? Geht’s da auch um das Verschwinden der Arbeit und um so etwas wie Genforschung und Biotechnologie? Hat die PDS diesbezüglich überhaupt Fragen (von Antworten mal ganz zu schweigen)?

Die PDS weiß nicht so recht zu sagen, wie eine linke Reformpartei aussehen muss, die einen Platz links neben der SPD beansprucht. Das liegt daran, dass ihr ein halbwegs geschlossenes Konzept zur Reformierung dieser Gesellschaft fehlt. Sie hat in einigen wichtigen Politikfeldern inhaltlich schlichtweg nichts zu sagen – das wird nach dem Abgang von Gysi und Bisky erst richtig deutlich.

Die Partei möchte so gern unverwechselbar sein, aber sie weiß nicht, worin diese Unverwechselbarkeit besteht. Partei der sozialen Gerechtigkeit, Friedenspartei, Partei der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit – das klingt super. Wer ist nicht für den Frieden? Wer hat schon etwas gegen soziale Gerechtigkeit? Aber was heißt das heute: soziale Gerechtigkeit? Vor allem: Wie stellt man sie im Turbokapitalismus her? Helmut Holter, der stellvertretende Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, könnte erzählen, wie es so ist, wenn man regiert und nichts zu verteilen hat. Aber statt ihn zu fragen, beschimpfen ihn seine Genossen lieber, weil er so provozierend deutlich zeigt, dass er gern regiert.

Was die PDS im Moment unverwechselbar macht, ist zuallererst ihre ostdeutsche Heimat und deren Interessenvertretung. Die PDS ist so ostdeutsch wie ihre neue Vorsitzende Gabi Zimmer. Daran ändern auch private Bekenntnisse nichts. „Ich liebe Deutschland“, hat Zimmer in Cottbus gesagt. Ein solcher Spruch ist in einer Partei wie der PDS prinzipiell natürlich zu begrüßen, weil es irgendwie besser klingt als „Ich liebe euch doch alle“. Vielleicht wird es dem einen oder anderen Westdeutschen helfen zu verstehen, dass die PDS keinen blutigen Umsturz der Gesellschaft plant. Und mancher Ostdeutsche könnte begreifen, das der Westen kein Schweinesystem ist. Unter Umständen versöhnen solche Bekenntnisse ja sogar die Genossen mit der Bundesrepublik. Aber das macht aus der PDS keine andere Partei.

Vielleicht muss es das auch gar nicht. Vielleicht erfüllt die PDS ihren Sinn und Zweck ja als eine stabile ostdeutsche Regionalpartei. Vielleicht wäre sie als eine linke Volkspartei, die im Osten die demokratischen Strukturen stärkt, ja das Beste für die Bundesrepublik, in Ost und West. So betrachtet wäre der Parteitag in Cottbus der letzte Schritt der PDS hin zu einer normalen Partei. JENS KÖNIG

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