DIE KRITIK: Gerüchtekarte
WAS SAGT UNS DAS? Eine Google-Maps-Karte zeigt Gerüchte, die über Flüchtlinge kursieren – und bietet die entsprechende Argumentationshilfe
Schwäne im Kochtopf, geschwängerte Minderjährige, ein aufgespießter Menschenkopf, aber auch: der angeblich tote Flüchtling am Berliner Lageso – Flüchtlinge werden oft als Sündenböcke genutzt und für Falschmeldungen herangezogen.
Seit Montag gibt es eine Webseite namens „HOAXmap“ (hoaxmap.org), die solche Falschmeldungen widerlegt. Sie ordnet mehr als 200 Fälle, die seit Mitte letzten Jahres auftraten, in eine Google-Maps-Karte ein.
Klickt man dort auf die Ortsmarkierungen, erscheinen die Gerüchte mit Datum, Ort und Kategorie wie „Raub“ oder „Vergewaltigung“. Außerdem wird jedes Gerücht unkommentiert mit einem Zeitungsartikel verlinkt, der es widerlegt.
„Neues aus der Gerüchteküche“ heißt die Überschrift auf der Startseite. Dort findet man auch die Falschmeldung, dass im Dezember 2015 zwei Kinder in einer Unterkunft in Nordrhein-Westfalen nach Vergewaltigungen schwanger geworden sein sollen.
HOAXmap erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und bittet um Ergänzungen, die über das Online-Netzwerk Twitter oder per E-Mail mitgeteilt werden können.
Seit Montag hat Karolin Schwarz, die Initiatorin von HOAXmap, zahlreiche Einsendungen erhalten. Die freiberufliche Unternehmensberaterin aus Leipzig sucht zusammen mit einem Freund die Gerüchte auf Twitter und mit verschiedenen Suchmaschinen. Außerdem nutzt sie Polizeimeldungen und Medien als Quellen für die Gegendarstellungen.
Schwarz bezeichnet es als „Phänomen“, dass es seit Mitte des vergangenen Jahres zahlreiche Falschmeldungen gebe, und will Argumentationshilfen bieten. Wie wichtig das ist, merke sie auch in ihrer eigenen Stadt. „In Sachsen, im Pegida-Land, sind die Themen Pegida und Übergriffe auf Unterkünfte omnipräsent.“
Elf Fälle hat Karolin Schwarz bisher aus Sachsen in die Karte eingetragen. Ob sie damit die Pegida-Anhänger erreicht, ist eine andere Frage. Ann-Christin Korsing
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