DIE IWF-FORDERUNG NACH FREIHANDEL BRINGT NICHTS: Es riecht nach Ablenkungsmanöver
IWF-Chef Horst Köhler wirft den reichen Ländern Egoismus vor, weil sie ihre Märkte nicht für die Entwicklungsländer öffnen. Das ist richtig und zeigt, dass über die alte, früher alternative Forderung nach „Handel statt Hilfe“ inzwischen ein breiter Konsens herrscht – sogar der Weltwährungsfonds ist dafür. Aber so begrüßenswert Köhlers Vorwurf ist: Er riecht nach Ablenkungsmanöver. Denn der IWF ist nicht für Handel zuständig, sondern für Finanzen. Und da hat er in letzter Zeit viel falsch gemacht. Das zeigt in diesen Wochen die Krise in Argentinien. Wenn Köhler das Schicksal der Entwicklungsländer am Herzen liegt, sollte er ein paar Dinge im eigenen Haus in Ordnung bringen.
Zunächst muss der Fonds die Bedingungen ändern, zu denen er Kredite an Schwellen- und Entwicklungsländer vergibt. Bisher hat er zu stark auf ausgeglichene Haushalte und stabiles Geld gesetzt. In Argentinien hat sich jedoch gezeigt, dass dadurch der Teufel Inflation mit dem Beelzebub Rezession ausgetrieben wird. Ein paar Argentinier sind reicher geworden, die meisten jedoch ärmer. Statt stur an seinem Programm festzuhalten, hätte der IWF es besser beizeiten der Entwicklung im Land angepasst, nämlich Firmenpleiten und steigender Arbeitslosigkeit: Der überbewertete argentinische Peso hätte schrittweise abgewertet, das Sparziel gelockert werden müssen.
Schlimmer noch: Der IWF hat mit immer neuen Krediten der Welt vorgetäuscht, Argentinien sei und bleibe zahlungsfähig. Letzlich haben diese Kredite des Fonds nur dazu geführt, dass Geldanlegern ihre Renditen garantiert wurden. Zur Entwicklung des Landes trugen sie nicht bei. Stattdessen müsste der Weltwährungsfonds den Entwicklungsländern Kapital zur Verfügung stellen, mit dem sie Kredite an Unternehmen bezahlen, die dann Arbeitsplätze schaffen könnten.
Darüber hinaus zeigt das Beispiel Argentinien: Ein internationales Insolvenzrecht für Staaten muss her. Das ist die einzige Chance für hoch verschuldete Länder, sich so weit von der Last der Zinsen und Tilgungsraten zu befreien, dass sie sich weiterentwickeln können. Es ist Sache des IWF als höchste internationale Finanzbehörde, sich für ein solches Recht zu engagieren. KATHARINA KOUFEN
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