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DIE GRÜNEN KÖNNEN STOIBERS FORDERUNGEN NICHT ZUSTIMMENSchlimmer als in Dänemark

Otto Schily spielt auf Zeit. Das Zuwanderungsgesetz wird nun doch nicht am 1. März, sondern frühestens Ende des Monats im Bundesrat zur Abstimmung stehen – wenn überhaupt. Im Moment sieht es so aus, als ob es für alle Seiten sinnvoller wäre, das ganze Vorhaben auf die nächste Legislaturperiode zu verschieben. Von dem „parteiübergreifenden Konsens“, den der Innenminister anstrebt und den er für eine Mehrheit im Bundesrat braucht, ist Otto Schily weiter entfernt denn je.

Schon die heutigen Verhandlungen mit den zuständigen Bundestagsabgeordneten von SPD, Grünen, FDP und CDU/CSU werden schwierig genug. Dass es zu einer Einigung kommt, ist so gut wie ausgeschlossen. Kurz vor dem Gespräch hat die Union noch einmal 15 „Kernforderungen“ aufgestellt, von denen sie nicht abgehen will. Doch selbst wenn sich die Fachpolitiker heute näher kommen sollten: Ein wichtiger Verhandlungspartner kommt erst später ins Spiel – sitzt aber unsichtbar schon mit am Tisch: Edmund Stoiber.

Vom Kanzlerkandidaten der Union weiß man noch nicht, ob er auch bei der Zuwanderung in die Mitte einschwenkt und seine sture Abwehrhaltung aufgibt. Doch selbst wenn er es tut und seinen CDU-Kollegen aus Brandenburg und aus dem Saarland einen Weg offen lässt, im Bundesrat doch noch zuzustimmen: Stoiber wird es nur tun, wenn am Ende etwas herauskommt, was er als „Zuwanderungsbegrenzungsgesetz“ verkaufen kann – also noch mehr Hürden bei der Aufnahme von MigrantInnen, noch mehr Verschärfungen im humanitären Bereich. Davon könnte Stoiber kaum abgehen, ohne sein Gesicht zu verlieren.

Wenn die Grünen jedoch darauf eingingen, würden sie mehr als ihr Gesicht verlieren. Wenn sie zuließen, dass die „Begrenzung“ als oberstes Ziel ins Gesetz geschrieben wird, wäre nicht nur das ursprüngliche Ziel des Gesetzes – nämlich eine Öffnung – auf den Kopf gestellt. Eine Regelung in Stoibers Sinn fiele sogar noch hinter den Status quo zurück. Denn bei allen Ermessensentscheidungen müssten die Behörden künftig restriktiv entscheiden. Das hätte mehr mit dem neuen Gesetz in Dänemark gemein als mit dem grünen Programm.

LUKAS WALLRAFF

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