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DIE GRÜNE FÜHRUNG VERSUCHT, DIE GRÜNE BASIS FÜR DUMM ZU VERKAUFENJoschka sitzt nicht im Schrank

Innerparteiliche Demokratie stößt häufig dort an ihre Grenzen, wo die Wünsche der so genannten Basis den Wünschen der Führungsgremien widersprechen. Diese Gremien organisieren Mehrheiten und setzen Abweichler unter Druck. Puristen der Demokratietheorie mögen das bedauern. Aber ohne (auch) informelle Machtkanäle wäre eine so komplizierte Struktur wie ein Mehrparteiensystem kaum überlebensfähig. Diese Erkenntnis rechtfertigt jedoch nicht jede Demütigung der Basis. Was die grüne Führungsspitze in dieser Hinsicht betreibt, ist in der bundesdeutschen Geschichte ohne Beispiel.

Vor gut einer Woche hat der Parteitag wieder einmal beschlossen, an der Trennung von Amt und Mandat festzuhalten. Es gibt gute Gründe, diese Entscheidung für falsch zu halten – und immerhin haben ja auch fast zwei Drittel der Delegierten für eine Satzungsänderung votiert. Aber es hat eben nicht gereicht. Pech. Claudia Roth und Fritz Kuhn haben als Parteivorsitzende gute Arbeit geleistet. Dennoch sind sie keineswegs unersetzlich, und ganz gewiss gefährdete ihre Ablösung nicht die rot-grüne Koalition. Das gilt umso mehr, als die Vorsitzenden der Grünen – vielleicht gerade wegen der Trennung von Amt und Mandat – im Machtpoker stets eine eher untergeordnete Rolle spielten. Übrigens war den Delegierten des Parteitages durchaus bewusst, dass sie auch über eine Personalfrage zu entscheiden hatten. Sie sollten sich nicht gefallen lassen, für naiv erklärt zu werden.

Wer sich bei den Grünen allerdings jetzt mit einer Kandidatur nach vorne wagte, müsste fürchten, als Verräter an der Sache zu gelten. Wenn Führungsgremien gar keine Niederlage mehr ertragen können, dann handelt es sich nicht mehr um Gremien, sondern um Kader. Im Regelfall geht es dann auch nicht mehr um den Inhalt einer Entscheidung, sondern lediglich um den Nachweis, dass Widerborstigkeit ein für die Einzelnen unbekömmliches Verhalten ist. Anders ausgedrückt: Wer nicht mitspielt, darf nicht mehr mitspielen.

Die Erfahrung lehrt, dass sich Entscheidungen durchaus erzwingen lassen. Schon jetzt gewinnt man im persönlichen Gespräch mit Grünen immer häufiger den Eindruck, sie müssten vor einer Meinungsäußerung nachschauen, ob nicht Joschka Fischer im Schrank sitzt und gegebenenfalls Rache schwört. Das ist ziemlich unwürdig. Die Idee, Mitglieder in einer Urabstimmung über das Thema entscheiden zu lassen, kann durchaus sinnvoll sein. Derzeit sieht es aber danach aus, als ob eine legitime Ebene dafür missbraucht werden soll, eine missliebige Entscheidung einer anderen Ebene einfach zu revidieren. Dafür sollten sich die Grünen nicht hergeben. BETTINA GAUS

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