DIE CDU HOFFT AUF FEHLER DER SPD – ABER DAS IST NOCH KEIN KONZEPT: Machtwille ist immer gut
Ein Ergebnis des CDU-Parteitags ist erfreulich: Endlich gibt es auch in der Union wieder mehrere Politiker, die erkennen lassen, dass sie gerne Bundeskanzler werden möchten. Von Angela Merkel war schon länger bekannt, dass sie das Amt anstrebt. Gestern hat nun auch Edmund Stoiber mit einer Rede, die ein zunächst eher kühles Plenum zu Begeisterungsstürmen hinriss, sein Interesse an der Macht offen bekundet. Noch steht nicht fest, wer das Rennen gewinnt. Die CDU-Vorsitzende hat mehr Führungsstärke gezeigt, als ihr viele zugetraut hatten. Aber auch ihrem bayerischen Kollegen ist danach etwas gelungen, was kaum noch erwartet worden war: bei den Delegierten ebenso viel ehrlichen Beifall zu ernten wie seine Rivalin.
Beide rütteln also am Zaun des Kanzleramtes. Wolfgang Schäuble wollte stets zum Griff nach der Macht überredet werden. Wenn ein solcher Wunsch nicht kokett und damit der Sache nicht angemessen ist, sondern die Macht wirklich als Bürde empfunden wird, dann kann das den Amtsantritt eines lustlosen Bundeskanzlers bedeuten. Das ist für kein Land gut, unabhängig von der Parteizugehörigkeit des Regierungschefs. Deshalb ist der Machtkampf zwischen Merkel und Stoiber schon für sich genommen ein positives Signal. Egal, wie er ausgeht.
In anderer Hinsicht ist der Verlauf des CDU-Parteitages weniger erfreulich. Zwar wurde die überragende Bedeutung von Sachfragen immer wieder beschworen, aber es gab eineinhalb Jahre nach dem letzten Konvent kein Thema, das die Delegierten wirklich zu interessieren schien. Außer eben dem Showdown der Kandidaten. Natürlich wurden verschiedene Anträge verabschiedet, darunter außenpolitische Leitsätze, die Stoff für interessante Diskussionen hätten liefern können. Aber es wurde nicht engagiert darüber gestritten, und das lässt sich dieses Mal nicht einfach auf die Journalisten schieben, die sich angeblich immer nur für Personalquerelen interessieren. Die Ursache liegt tiefer.
Die CDU hat die Aufgabe der programmatischen Erneuerung bisher nicht gelöst. Angela Merkel und Edmund Stoiber haben deutlich gemacht, dass sie einen wirtschaftspolitisch dominierten Wahlkampf führen wollen. Anders ausgedrückt: Sie setzen auf Misserfolge der Regierung. Vielleicht geht diese Rechnung sogar auf. Die Hoffnung, der politische Gegner möge Fehler machen, ist jedoch kein Ersatz für ein eigenes Konzept. BETTINA GAUS
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