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DIE CDU HAT KEINE NEUEN ANTWORTEN – DER CSU REICHEN DIE ALTENBayern-Block

In einer sich verändernden Welt, hat Angela Merkel diese Woche in einem Interview versichert, müsse die CDU „veränderte Antworten geben“. Dieser Anspruch wird in diesen Tagen auf ganz unerwartete Art und Weise eingelöst: Erstens verhängt die Fraktionsführung der Union ein Redeverbot gegen Rita Süssmuth. Zweitens kündigt der CDU-Generalsekretär Polenz Widerstand gegen den von Rot-Grün vorgelegten Gesetzentwurf zur Homo-Ehe an. Und drittens wird an der Entschädigung für Zwangsarbeiter herumgemäkelt.

Neue Antworten? Veränderung? Man muss schon wohlmeinend sein, um das Erscheinungsbild der CDU mit Merkels anspruchsvoller Aussage zusammenzubringen. Wenn es Veränderungen gibt, dann weisen sie zurück. Die Union steckt in einem Dilemma, auf das sie hektisch und – im Falle von Süssmuth – mit dem autoritären Reflex der Kohl-Ära reagiert. Die Partei hat keine Mitte, aus der heraus sie Antworten formulieren könnte.

Das Problem der CDU ist das Problem aller Volksparteien, die ein breites Spektrum an Ideen und Wertvorstellungen zu vertreten haben. Sie bräuchten eigentlich Zeit, um aus der Partei Vorschläge abzurufen und sie intern zur Debatte zu stellen. Nur: Im Zeitalter der Medienallmacht, wo auf schnelle Fragen auch schnelle Antworten her müssen, ist eine inspirierende Atempause Luxus.

Das nutzen vor allem die aus, die schnelle Antworten geben wollen, weil sie keinen Bedarf an neuen sehen. Daher ist es kaum ein Zufall, dass die Bestrafung Süssmuths von CSU-Vizefraktionschef Glos verlangt wurde. Auch die Äußerungen zur Homo-Ehe tragen die Argumentationsmuster der schlichten konservativen Weltanschauung, als deren Vertreter sich vor allem die bayerische Schwesterpartei sieht. So sind Merz und Merkel dabei, die neue Freiheit, die sie nach dem Ende Kohls der Union verschafften, zu verspielen. Je länger sie Antworten vermissen lassen, umso länger wird die CSU die Richtung bestimmen. Und dort sieht man die Union künftig nicht als eine Partei der liberalen Gesinnung, sondern als eine der Blockade.

SEVERIN WEILAND

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