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DIE BRITISCHE ARMEE VERSTÄRKT IHRE TRUPPEN IN SIERRA LEONEGroßbritanniens Vietnam

So fing es in Vietnam an. Eine Militärintervention ohne klares Ziel; eine Eingreiftruppe, deren begrenzte Größe und Aufgabe heimlich immer weiter expandieren; eine Verteufelung des politischen Gegners; eine Propagandaschlacht, die das militärische Eingreifen mit politisch-ideologischen Schlagwörtern wie „nation-building“ und „historischer Verantwortung“ begründet. Über den Beginn des Vietnam-Krieges der USA unter Präsident Kennedy schrieb ein klüger gewordener Henry Kissinger später: „Kennedy glaubte an die Ratschläge, die er bekam, nämlich dass amerikanische Hilfe den südvietnamesischen Streitkräften helfen würde, die kommunistische Guerilla zu besiegen. In diesen unschuldigen Tagen hatte kein führender Amerikaner den geringsten Verdacht, dass Amerika in einen Sumpf vordrang.“

Genau so fängt es heute in Sierra Leone an. Die britische Regierung sagt nicht, was sie dort will; sie schickt immer mehr Soldaten mit immer mehr Kampfkraft in das Bürgerkriegsland, und die machen dort logischerweise immer mehr; sie behandelt die sierra-leonischen Rebellen als auszurottendes Übel statt als zu integrierende politische Kraft; als Begründung dienen die besondere Verantwortung einer ehemaligen Kolonialmacht und die Notwendigkeit, Sierra Leone zu helfen. Ähnlich wolkig, wie einst die USA in Südostasien den Kommunismus besiegen wollten, sagt Großbritannien der Rebellenökonomie Westafrikas mit Waffen- und Diamantenschmuggel den Kampf an. Aber Eingreiftruppen sind keine Wirtschaftspolitik. Großbritannien wird diesen Krieg nicht gewinnen.

Auf den Falklandinseln – dem Schauplatz der letzten großen einseitigen britischen Militäraktion – kämpfte Großbritannien mit viel mehr Soldaten auf vertrautem Terrain im Bündnis mit einer verbündeten Bevölkerung gegen eine schlecht organisierte, ignorante und demotivierte argentinische Armee. Sierra Leone ist nicht die Falklands. In Sierra Leone sind es die Rebellen und einheimischen Milizen, die das Land kennen und im Zweifelsfall die Bewohner ihrer Herkunftsgebiete hinter sich haben. DOMINIC JOHNSON

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