DIE BANKENFUSION FREUT DIE BÖRSE UND MACHT ANGESTELLTE ÜBERFLÜSSIG: Die geteilte Gesellschaft
Der Brief an die „sehr geehrten Angestellten“ war ehrlich verlogen. „Wir unterstützen alle Mitarbeiter, insbesondere auch die, die gehen“, schrieb Klaus Müller-Gebel, Vorstandsmitglied der Commerzbank, an die Belegschaft. Das war vor zwei Jahren, als die Commerzbank vor einem ähnlichen Problem stand wie die Deutsche Bank und die Dresdner Bank heute: Wie werde ich Mitarbeiter los, ohne dass es dem Konzernimage schadet und allzu viel kostet?
Die geplante Fusion von Deutscher Bank und Dresdner Bank ist ein Ereignis nicht nur, weil damit das größte Kreditinstitut der Welt entstehen wird. Der Zusammenschluss zeigt, dass künftig alles wichtige Geschehen in der deutschen Wirtschaft immer Gewinner und Verlierer produzieren wird – und zwar gleichzeitig.
Profitieren werden die Aktionäre der Unternehmen. Die Bankbeschäftigten hingegen kriegen das Schlottern, auch die Privatkunden fürchten um ihre Filiale vor der Haustür. Nach Angaben aus Bankkreisen sollen in den nächsten Jahren 18 Prozent oder 16.000 der inländischen Arbeitsplätze abgebaut werden. Ein Drittel der insgesamt rund 3.000 Filialen beider Institute wird möglicherweise geschlossen. Das Gerücht, gute Gewinne schafften automatisch neue Jobs, erledigt sich damit von alleine.
Beschäftigte sind zu teuer, anspruchsvolle Privatkunden mit kleinem Bankkonto stören nur. Akteure im Wirtschaftsgeschehen sind nur jene Personen, die als Hochvermögende oder Aktionäre mitspielen dürfen.
Die Bankenfusion erscheint abstrakt, spiegelt aber gleichzeitig die heimlichen Teilungen in der Gesellschaft. Sie können so heimlich sein, dass sie sogar ein und dieselbe Person in Konflikt bringen können, wenn diese nämlich als Beschäftigter und Aktionär gleichzeitig auftritt. Genau hier läge eine künftige Aufgabe der Gewerkschaften: Die Zusammenhänge auf dem Aktienmarkt deutlich zu benennen und unangenehme Verteilungsfragen zu stellen, ohne mit platten Feindbildern zu agitieren.
BARBARA DRIBBUSCH
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