DIE ÄRZTE GEHEN AUF KONFRONTATIONSKURS ZU ULLA SCHMIDT: Verlogene Doktoren
Nein, von Wahlkampf könne keine Rede sein, wiederholen die Sprecher der Ärzteschaft unermüdlich. Denn Ärzte wollen immer nur das Beste für ihre Patienten und unterstellen ihren Heilauftrag nicht irgendwelcher Parteipolitik.
So? Tatsächlich hat der Länderausschuss der Kassenärztlichen Bundesvereinigung nicht gesagt: „Wir blockieren die integrierten Behandlungsprogramme für Diabetes- und Brustkrebspatientinnen und -patienten so lange, bis Horst Seehofer endlich wieder Gesundheitsminister ist.“ Sehr wohl aber hat er empfohlen, sich auf die Diabetes- und Brustkrebs-Programme erst einzulassen, wenn man davon ausgehen kann, dass die Gesetze von Ulla Schmidt von dauerhaftem Bestand sind.
Den Unterschied erkannt? Richtig: Man lässt die Namen von Politikern ebenso außen vor wie das Datum der Bundestagswahl und suggeriert gleichwohl, dass danach der Wind sich so drehen wird, wie es die Ärzte lieber hätten.
Schließlich hat Seehofer, seit 1998 ihr bester Kumpel, den Ärzten schon das Blaue vom Himmel herunter versprochen. Nie wieder Budgets! Keine Kostendeckelung mehr, so wahr ihm die Pharmaindustrie helfe! Keine erzwungenen Versprechen, die Kosten zu senken! Stattdessen: Alle Ärzte dürfen allen Patienten alles verschreiben, was der Rezeptblock hergibt. Merkwürdig, wie kurz Seehofers Gedächtnis ist: Schließlich kämpfte auch er in seiner eigenen Amtszeit von 1992 bis 1998 gegen explodierende Arzneimittelpreise. Auch er musste die Ärzte um Kooperation mit den Krankenkassen und einer Regierung bitten, die keine steigenden Kassenbeiträge verantworten wollte.
Die Ärzteorganisationen wissen um ihre Macht. Sie setzen sie gezielt für oder gegen eine Regierung ein. Es ist verlogen, das zu leugnen. Und es war dumm von Ulla Schmidt, zu glauben, sie könne sich die Ärzte gefügig machen.
ULRIKE WINKELMANN
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